Die Professionalisierung von Family Equity Investoren als langfristiger Partner für Familienunternehmen

Ähnlich wie Private Equity Häuser stellen auch Family Equity Investoren Beteiligungskapital bereit. Als langfristiger Partner sind sie für Familienunternehmen jedoch häufig der bessere Fit. Ein Gespräch mit Jörg Hueber und Silke Krüger über ihre Beobachtungen und Erfahrungen aus der Zusammenarbeit mit Familienunternehmen.

Madleen Buchar und Isabel Wessel

 

Family Equity beschreibt die Bereitstellung von Beteiligungskapital durch Family Offices, Stiftungen und familiengeprägten Beteiligungsholdings, deren Inhaberfamilien sich entschieden haben, unternehmerisches Kapital außerhalb ihrer Kernfamilienunternehmen anderen Familienunternehmen zur Verfügung zu stellen. Entsprechend folgen diese in ihrer Beteiligungsstrategie den Grundsätzen des Werteverständnis von Familienunternehmen aus Langfristigkeit, Nachhaltigkeit, Vertrauen und Verlässlichkeit und stellen damit einen idealen Partner für andere Familienunternehmen dar. Über ihre Beobachtungen und Erfahrungen aus der Zusammenarbeit mit Familienunternehmen und Family Equity Investoren berichten Silke Krüger und Jörg Hueber

INSIGHT: Inwieweit lässt sich Family Equity von Private Equity unterscheiden, schließlich wird in beiden Investorenkategorien privates Beteiligungskapital für unternehmerische Direktinvestitionen zur Verfügung gestellt?

Family Equity ähnelt in seiner Begrifflichkeit tatsächlich dem geläufigeren Private Equity. Beide Investorentypen stellen vorrangig Eigenkapital für unternehmerische Direktbeteiligungen zur Verfügung. Der wesentliche Unterschied ist, dass Family Equity Investoren mit eigenem Eigenkapital agieren und Private Equity Investoren mit Eigenkapital ihrer Fondsinvestoren. So ganz richtig ist das nicht immer, da zunehmend auch Gründer und Führungskräfte in Private Equity Unternehmen im Rahmen ihrer persönlichen Motivation als Co-Investoren immer häufiger eigenes Kapital zur Verfügung stellen, dies allerdings oftmals in relativ gesehen geringeren Größenordnungen und damit Anteilen, aber für eine übergeordnete Unterscheidung ist die vorstehende Einordnung zutreffend. Darüber hinaus steht Family Equity eher langfristig, teilweise unendlich (also ohne vordefinierte Veräußerungsabsicht in einem absehbaren Zeitraum) zur Verfügung, während Private Equity Kapital an die Fondsinvestoren nach einer eher mittelfristigen Beteiligungsdauer zurückfließt.

Private Equity Investoren, von Ausnahmen abgesehen, organisieren sich in ihren Grundzügen eher vergleichbar: (a) die Fondslaufzeiten sind mit zumeist 10 Jahren +-x zeitlich begrenzt, der Fokus liegt (b) eher auf Mehrheitsbeteiligungen, um die Renditeerwartungen der Fondsinvestoren durch aktives Beteiligungsmanagement besser aussteuern zu können, die (c) Kaufpreisfinanzierung umfasst üblicherweise einen relevanten Fremdkapitaleinsatz, um die Rentabilität des Eigenkapitaleinsatzes zu erhöhen (unter der Voraussetzung, dass der Fremdkapitaleinsatz über den Beteiligungszeitraum weitgehend durch die Ertragskraft des Beteiligungsunternehmens abgebaut werden kann) und (d) der Renditedruck ist inhärent hoch, um im Wettbewerb um Investorengelder bestehen zu können.

Family Equity Investoren organisieren sich deutlich heterogener und weniger restriktiv hinsichtlich ihrem Interesse an Minderheits- oder Mehrheitsbeteiligungen, einer langfristigen oder sehr langfristigen Beteiligungsdauer, ihren Ansprüchen an operative Mitsprache und Einflussnahme und ihren Renditeerwartungen, die sich häufig auch dem Kriterium der Vermögenssicherung unterordnen. Zudem betreiben Family Equity Investoren in den meisten Fällen ihr eigenes Familien(kern-)unternehmen; die Kapitalanlage in unternehmerischen Direktbeteiligungen dient der Vermögensdiversifikation. So bringen Family Equity Investoren gleichfalls ihr Werteverständnis als Familienunternehmer in ihre Beteiligungen ein und bilden damit eine idealtypische Ergänzung für andere Familienunternehmen als partnerschaftlichem Gesellschafter.  

In der Praxis sehen wir aber auch eine wachsende Vermengung von Private Equity und Family Equity etwa darin, dass sich Akteure beider Bereiche situativ in Konsortien zusammenschließen, um gemeinsam zu investieren und Kapital und Wissen miteinander zu teilen. Der Wechsel von Private Equity Managern zu Family Offices führt zudem zu einem Transfer des fachlichen Mindsets, was bei einzelnen Häusern auch zu einer guten Mischung der jeweiligen Eigenschaften der unterschiedlichen Investorentypen führt.

INSIGHT: Wie ist die Investorenklasse der Family Equity Investoren entstanden?

Die Bereitstellung von privatem Kapital für unternehmerisches Engagement gibt es seit Jahrhunderten. Blicken wir auf die vergangenen 20 bis 30 Jahre, haben sich Beteiligungsstrukturen insbesondere unter Private Equity Fonds professionalisiert und standardisiert und auch vermögende Unternehmerfamilien haben Private Equity als Anlageklasse neben börsennotierten Aktien oder Aktienfonds entdeckt und als Fondsinvestoren Erfahrungen gesammelt. Die gesammelten Erfahrungen haben dann insbesondere in den vergangenen 10 Jahren die Motivation erhöht, eigene Strukturen aufzubauen, eigene Family Offices zu gründen oder bestehende Family Offices personell zu erweitern und unternehmerische Direktinvestoren eigenverantwortlich anzugehen. Dazu ist im aktiven Beteiligungsmanagement professionelles Personal eingestellt, meistens von Private Equity abgeworben, worden. Häufig investieren diese Familieninvestoren dann zunächst als Co-Investoren gemeinsam mit den Private Equity Fonds, zu deren Fondsinvestoren sie zuvor (oder in Teilen immer noch) gehör(t)en. In einer nächsten Abstufung organisieren sich Family Investoren in Investorenclubs für einzelne Unternehmensbeteiligungen, in dem ein oder zwei Familieninvestoren mit entsprechender Expertise als Lead-Investoren agieren und sich andere Familieninvestoren diesen als Co-Investoren anschließen (sog. Clubdeals). Und auch die damit erzielten Erfahrungen haben über die Jahre dazu geführt, dass sich mehr und mehr Familieninvestoren selbst die Rolle eines Lead-Investoren zutrauen, eigene Strukturen dafür entwickelt haben und zunehmend selbständig investieren.

Wir bei PETER MAY haben persönlichen und vertraulichen Zugang zu mehr als 200 Familieninvestoren, die unternehmerische Direktbeteiligungen weitgehend eigenständig angehen oder sich in Investorenkonsortien zusammenschließen, um dies zu tun. Etwa drei Viertel der 300 vermögendsten deutschen Unternehmerfamilien haben sich nach unserer Beobachtung für unternehmerische Direktinvestoren geöffnet, aus den 100 größten Vermögen eher noch ein höherer Anteil, so dass teilweise Investitionskapital von mehreren hundert Millionen Euro bis teilweise mehreren Milliarden Euro je Einzelinvestor auch und insbesondere für Kapitalbeteiligungen an anderen Familienunternehmen zur Verfügung steht.

INSIGHT: Welche Rolle spielt das PETER MAY Family Equity Team in Hamburg dabei?

Wir möchten dies aus zwei Blickwinkeln beantworten. Zum einen zeichnet uns bei PETER MAY insgesamt unsere hohe Leidenschaft für die Zusammenarbeit mit Inhaberfamilien traditioneller und erfolgreicher Familienunternehmen aus, unsere Begeisterung für familiäres Unternehmertum und dem besonderen Werteverständnis in Unternehmerfamilien und Familienunternehmen. Zum anderen fügt sich unser Family Equity Team durch eine fachlich breite Expertise zusammen, die wir in unseren früheren beruflichen Stationen in (eigenen) Familienunternehmen (bis Unternehmensverkauf) sowie Führungspositionen in Family Offices, Stiftungen, Banken, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Steuer- und Rechtsanwaltskanzleien in der Zusammenarbeit mit Unternehmerfamilien und Familienunternehmen gewonnen haben.

Wir haben uns vor 5 Jahren in der PETER MAY Gruppe organisiert, um Unternehmerfamilien und Familienunternehmen eine Alternative zu Investmentbanken, M&A Boutiquen und Private Equity Investoren anzubieten, in dem wir unsere Netzwerke zu Familienunternehmen und Familieninvestoren in einem ‚geschützten Raum‘ außerhalb der breiten Kapitalmarktöffentlichkeit zusammenbringen. Wir sind aufgrund unserer langjährigen Erfahrungen, Expertise und Referenzen in der Lage, Anteilsübertragungsprozesse an sehr großen Familienunternehmen in Größenordnungen von mehreren hundert Millionen Euro bis hin zu Milliarden Euro eigenständig zu organisieren und umzusetzen. Unsere persönlichen Zugänge und Kenntnisse über die Interessen und Eigenschaften der einzelnen Family Equity Investoren ermöglicht es uns, in sehr diskreter Form den richtigen Partner für ein Familienunternehmen zu finden, in dem wir sehr zielgerichtet nur eine sehr kleine Gruppe möglicher Kapitalpartner auswählen und nicht wie M&A Boutiquen serienweise 30 oder mehr mögliche Interessenten ansprechen und Unternehmensinformationen an die interessierte Öffentlichkeit geben.

Unsere Logik ist relativ einfach: Wenn sich eine Unternehmerfamilie entscheidet, 30% der Anteile an ihrem Familienunternehmen für externe (Familien-)Investoren zu öffnen, etwa um das eigene Vermögen zu diversifizieren oder einzelne Familiengesellschafter oder Familienstämme abzufinden und sich die Familie dann wiederum an drei anderen Familienunternehmen mit jeweils 10% beteiligt und die drei anderen Unternehmerfamilien das gleiche tun, dann haben wir 4 Unternehmerfamilien, die weiterhin ihr eigenes Familienunternehmen kontrollieren und sich unternehmerisch diversifiziert haben.

INSIGHT: Welche Erfahrungen haben Unternehmerfamilien gemacht, die sich für Family Equity Investoren geöffnet haben und welche Unterschiede ergeben sich wirklich gegenüber Private Equity Investoren?

Die Zusammenarbeit beginnt mit der Formulierung der gemeinsamen Ziele und der Regelungen, wie man die gemeinsame Zusammenarbeit gestaltet. Die gemeinsamen Ziele legt man in einer Roadmap fest, indem man gemeinsame Business und Strategie-Pläne formuliert, die man als Gesellschafter umsetzen möchte. Die formalen Regelungen werden im Gesellschaftsvertrag und Gesellschaftervereinbarungen getroffen: sie betreffen die grundsätzlichen Anforderungen an das Teilen von Informationen, Mitsprache- und Mitentscheidungsrechte, der Formulierung der Aufsicht, der Abstufung zustimmungspflichtiger Geschäfte, Regelungen zu Anteilsübertragungen etc. Diese sind in formaler Hinsicht zumeist losgelöst davon, ob es sich um Private Equity oder Family Equity Investoren handelt. Hier unterstützen professionelle Rechtsberater in der Vertragsgestaltung.

Wichtiger aus unserer Sicht ist dabei aber, wie diese Regelungen in der Praxis gelebt werden, ob das gleiche ideelle Werteverständnis zwischen Investor und Inhaberfamilie des Familienunternehmens vorliegt. Daraus leitet sich auch das Leben der Regeln ab, die man vertraglich miteinander vereinbart hat: Es macht sicherlich einen Unterschied, ob ein (Private Equity) Investor nur wenige Jahre Zeit bis zu seinem Exit hat, um Themenstellungen entsprechend vereinbarter Regelungen strikter und rigider umzusetzen sowie kurzfristige Entscheidungen herbeiführen muss oder ob ein langfristig orientierter Familieninvestor ohne unmittelbaren kurzfristigen Renditedruck im Sinne einer langfristig gesunden Unternehmensentwicklung agiert. D.h. der Druck und die Neigung, Regelungen hart durchzusetzen und Sanktionen zu ergreifen ist abhängig von den individuellen Rahmenbedingungen, unter denen ein Investor agiert und damit unterschiedlich. Und es macht gleichfalls einen Unterschied, ob ein zur Kaufpreisfinanzierung hinzugezogenes Fremdkapital engen Covenants unterliegt oder ein langfristiger Eigenkapitalgeber Raum für wirtschaftliches Atmen in konjunkturellen Zyklen belässt und die Ruhe bewahrt.

INSIGHT: Wenn wir davon sprechen, dass die zunehmende Privatisierung von Beteiligungskapital auf Ebene der Unternehmerfamilie in den letzten 10 Jahren an Bedeutung gewonnen hat, welche Entwicklung beobachten wir in unseren Nachbarländern?

Investorenfamilien aus Ländern wie Belgien, den Niederlanden oder Frankreich sind uns in dieser Entwicklung ein bis zwei Dekaden voraus. Hier gibt es teilweise sehr große private Beteiligungsorganisationen, die sich nach und nach auch für andere Familien institutionell geöffnet haben bis hin zu einer Börsennotierung, um das Beteiligungskapital weiter zu vergrößern. Und auch diese Entwicklung sehen wir für deutsche Familieninvestoren als nächsten Schritt: das eigene Institutionalisieren und Bündeln von Familienkapital zu größeren Einheiten, verbunden mit einer weiteren Professionalisierung der Strukturen und wachsenden Bereitstellung von Beteiligungskapital für andere Familienunternehmen.

Im Übrigen haben viele dieser internationalen Investoren Deutschland als neuen Fokus-Markt für sich entdeckt, eröffnen eigene Niederlassungen mit deutschsprachigem Personal oder bauen bestehende Büros deutlich aus.

INSIGHT: Herzlichen Dank für das Gespräch

 

Gerne geben wir unsere Beobachtungen und Eindrücke weiter, sprechen Sie uns gerne an!

 

Ihre Ansprechpartner

Silke Krüger ist unabhängige Expertin für Eigenkapital-transaktion in Familienunternehmen und bei der Begleitung und Umsetzung der Öffnung des Gesellschafterkreises für Family Equity Investoren beratend aktiv. Vor ihrer Tätigkeit in der PETER MAY- Gruppe ist Silke Krüger 15 Jahre in Leitungsfunktionen innerhalb der Vermögens-verwaltung und des Investment Bankings in Hamburg, Frankfurt, London und New York der Berenberg Bank tätig gewesen, wechselte für weitere 3 Jahre in der Position des Managing Director als Head of Large & Mid Cap Corporate Advisory Deutschland und Österreich sowie als Mitglied des Executive Commitees Corporate und Institutional Banking zu BNP Paribas. Hier etablierte Silke Krüger u.a. die strategische Investment Banking Beratung für Familien-unternehmen, Family Offices und börsennotierte Unternehmen. Kontakt s.krueger@petermay-extern.com

Jörg Hueber beschäftigt sich mit Themenstellungen der Übertragung von Anteilen an Familienunternehmen innerhalb der Familie, zu Abfindungsregelungen für Gesellschafter, zu Fragestellungen der Öffnung des Gesellschafterkreises und mit Beratungsleistungen des Kaufs und Verkaufs von Unternehmensbeteiligungen für Familienunternehmen, Inhaberfamilien und Family Offices. Vor seiner Tätigkeit in der PETER MAY-Gruppe ist Jörg Hueber mehr als 20 Jahre in international führenden Wirtschaftsprüfungsgesellschaften (EY, KPMG) und Investmentbanken (UniCredit, Berenberg) tätig gewesen und hat den M&A-Bereich eines börsennotierten Unternehmens (HHLA) verantwortet. Jörg Hueber ist Beirat in Familienunternehmen und Sparringspartner für vielzählige Inhaber von Familienunternehmen. Kontakt j.hueber@petermay-fos.com