Die Organisation eines Unternehmenszusammenschlusses auf Ebene der Inhaberfamilien

Bei der Fragestellung einer Kooperation oder gar Zusammenschlusses zwischen Familienunternehmen stehen in erster Linie betriebs-wirtschaftliche Kriterien im Mittelpunkt, was für die initiale eher rationale Debatte nachvollziehbar ist. Aber wenn Unternehmen und Geschäftsführungen zueinanderfinden, gilt Gleiches dann auch für die Gesellschafter von Familienunternehmen? Das strategische Rational einer durch Kapitalbeteiligung unterlegten Zusammenarbeit zwischen Familienunternehmen mag betriebswirtschaftlich von außen betrachtet sinnvoll sein, aber ist es dies auch für Inhaberfamilien? Dazu haben unsere Partner Jörg Hueber und Matthias Händle ihre Beobachtungen aus der Praxis in einem Beitrag zusammengefasst.

Unternehmenszusamemnschluss

 

Kooperationen und Zusammenschlüsse gab es schon immer und nicht immer waren diese erfolgreich, dennoch: der Zugang zu internationalen Absatzmärkten, die Verstärkung der eigenen Marktposition in Stammmärkten, die Bündelung von Ressourcen in Einkauf und Entwicklung, die Zusammenarbeit in technologischer Hinsicht, Anforderungen an Digitalisierung, Green Energy Investitionsprojekte … Es gibt viele Gründe für einen Gedankenaustausch zur Zusammenlegung von Familienunternehmen zu Gemeinschaftsunternehmen oder einer neuen Unternehmensgruppe.

Dabei werden häufig in erster Linie betriebswirtschaftliche Kriterien in den Vordergrund gestellt, was für die initiale Debatte auch richtig ist. Aber wenn Unternehmen und Geschäftsführungen zueinanderfinden, gilt Gleiches dann auch für die teilweise in Anzahl und Stimmungsbild heterogenen Gesellschafter von Familienunternehmen? Das strategische Rational einer durch Kapitalbeteiligung unterlegten Zusammenarbeit zwischen Familienunternehmen mag betriebswirtschaftlich von außen betrachtet sinnvoll sein, aber ist es dies auch für Inhaberfamilien? Hier spielt die jeweilige Kultur des Unternehmens aber auch die der Inhaberfamilie eine zentrale Rolle. Sind diese nicht kompatibel, so nimmt eine sachlich gute Idee schnell eine falsche Entwicklung auf. Hat man hier einen guten Fit, gilt es weitere Themenkomplexe zu bearbeiten.

Wie wird das Austauschverhältnis der Gesellschaftsanteile am gemeinsamen Unternehmen sein? Warum sollte eine Familie gegebenenfalls nach einem Zusammenschluss nur noch eine Minderheitsposition einnehmen, mit allen Implikationen auf Einfluss, Führung und Ergebnisanteilen, wenn man bislang – über Jahre, Jahrzehnte, Generationen - mehrheitlichen Durchgriff hatte? Sind überhaupt alle Familienmitglieder – mindestens diejenigen mit eigenen Anteilen – hinreichend in den Diskussions- und Entscheidungsprozess eingebunden? Wer vertritt die Familien oder gar Familienstämme aus der Familie heraus in elementaren Fragestellungen wie einem möglichen Zusammengehen mit Dritten? Wie sind die Stimmungen und ihre Entwicklung innerhalb der Familie(n) im Prozessverlauf einzuschätzen, wie können Schwankungen aufgefangen werden? Verstehen alle Gesellschafter die fachlichen Zusammenhänge, Implikationen und Folgewirkungen? Inwieweit wird die Next Gen eingebunden und ist eine Entscheidung überhaupt in ihrem Interesse?

Organisatorische Fragestellungen mit gleichfalls bestehendem Emotionalisierungsgrad stehen an: Wie soll das gemeinsame Unternehmen heißen? Geht die eigene (traditionelle) Marke unter oder wird beim Doppelnamen der eigene zuerst genannt? Wo entsteht der gemeinsame Firmensitz und welcher ist nicht mehr erforderlich? Was bedeutet dies emotional und auch materiell (Rückbau, Personalanpassung etc.). Welche Seite zieht sich aus der Geschäftsführung zurück?

Prozessuale Fragestellungen folgen: Wer erklärt den Familienmitgliedern das wirtschaftliche und finanzielle Rational eines Transaktionsvorhabens? Was haben die einzelnen Gesellschafter finanziell davon, verändert sich die Ausschüttungshöhe? Führen Integrationskosten etc. zum mindestens mittelfristigen Ausfall von Dividenden und Entnahmen? Sind gar noch Einlagen zu leisten, etwa auch, um ein Anteilsverhältnis der Gesellschaftsanteile aufzubessern?

Und nicht zuletzt schließen sich Fragestellungen der Governance an: Wer aus der Familie übernimmt eine funktionale Rolle im gemeinsamen Unternehmen (Vorstand, Geschäftsführung, Aufsichts- oder Beirat) und wer nicht mehr? Nehmen überhaupt alle bestehenden Gesellschafter an einem Gemeinschaftsunternehmen als Gesellschafter teil oder sind Anteile im Vorfeld eines Transaktionsvorhaben familienintern neu zu verteilen und zu übertragen? Ist dies steuerlich sinnvoll darstellbar, insbesondere bei Familienmitgliedern mit Wohnsitz im Ausland? Sind Freistellungen oder Fristen einer Steuerbelastung bei vorweggenommener Erbfolge oder Schenkung gesichert?

Sich richtig auf den Prozess vorbereiten

Bei Gedanken über einen möglichen (Teil-)Verkauf von Anteilen an einem Familienunternehmen an Dritte stellen sich üblicherweise zunächst Fragen, wer ein geeigneter Käufer von außen sein kann, der das über Jahrzehnte oder Generationen aufgebaute Familienunternehmen verlässlich fortführen kann, wie hoch ein Verkaufserlös sein könnte und wie man eine Investorensuche organisiert.

Dabei begegnen der Gesellschafterfamilie zusätzlich zumeist völlig neue Begrifflichkeiten von Bewertungsverfahren, prozessualen Themenstellungen bis hin zur Auswahl und Einbindung von bislang teilweise unbekannten Beratern, zu denen die Inhaberfamilie in den allermeisten Fällen weder Bezug, noch fachliche Erfahrung aufbauen konnte, da sie eben vorher noch kein Familienunternehmen veräußert hat. Viele Inhaberfamilien werden mit dieser Themenfülle und der Anzahl an fachlichen Ratgebern von außen, mit der sie sich nun befassen müssen, geradezu überrannt und auch die eigenen, langjährig bewährten fachlichen Begleiter (Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwalte) verfügen nicht immer über eine hinreichend spezifische Qualifikation der ganzheitlichen Organisation eines Unternehmensverkaufes, sodass eben spezialisierte Berater von außen ergänzend hinzugezogen werden (sollten). Aus einer Unternehmerfamilie mit ‚wenig Geld‘ (dieses steckt im Familienunternehmen) wird nach Unternehmensverkauf eine Investorenfamilie mit viel Geld (aber ohne oder – bei einem Teilverkauf weniger – Familienunternehmen).

Die Materie ist komplex. Sie ist inhaberstrategisch, emotional und in der Breite fachlich zu begleiten. Die PETER MAY Gruppe befasst sich seit mehr als 20 Jahren mit diesen Fragestellungen in mehr als 1.000 Projekten der Nachfolge, Gremienbesetzung und Verhaltens- und Kommunikationsregelungen wie auch in der Umsetzung von Anteilsübertragungen in Familienunternehmen.

Wir unterstützen Familien nicht nur darin, Entscheidungen fundierter treffen zu können, sondern auch bei deren Umsetzung.

 
Ihr Ansprechpartner

Jörg Hueber (J.HUEBER@PETERMAY-FOS.COM) ist Geschäftsführender Gesellschafter der PETER MAY Family Office Service GmbH & Co. KG und befasst sich mit Themenstellungen der Angemessenheit und Aktualität der Vermögensverteilung in Inhaberfamilien, der Übertragung von Anteilen an Familienunternehmen innerhalb der Familie, zu Abfindungsregelungen für Gesellschafter bei Kündigung ihrer Gesellschafterrolle, zu Fragestellungen der Öffnung des Gesellschafterkreises sowie mit Beratungsleistungen des Kaufs und Verkaufs von Unternehmensbeteiligungen für Familienunternehmen, Inhaberfamilien und Family Offices. Vor seiner Tätigkeit in der PETER MAY Gruppe ist Jörg Hueber mehr als 20 Jahre in international führenden Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Privatbanken tätig gewesen und hat den M&A-Bereich eines börsennotierten Unternehmens verantwortet.

Dr. Matthias Händle (M.HAENDLE@PETERMAY-FBC.COM) ist der Unternehmer im Team von PETER MAY Family Office Service. Nach jahrelanger erfolgreicher Tätigkeit an der Spitze des schwiegerelterlichen Familienunternehmens entschied er sich nach dem Verkauf, die erworbenen Kompetenzen und Erfahrungen künftig an andere Familienunternehmer weiterzugeben. Als Sparringspartner, Coach und Beirat weiß Matthias Händle genau, wovon er spricht. Egal, ob es sich um inhaberstrategische Weichenstellungen oder die Vorbereitung bzw. Anpassung an eine neue Rolle geht.