Die Familienholding als neues Bindeglied der Familie

Den Gesellschafterkreis für Externe zu öffnen ist eine grundlegende Entscheidung für eine Inhaberfamilie. Über die Gründe für diese Entscheidung und die Auswirkungen auf die Inhaberfamilie und das Familienunternehmen spricht Moritz Koch, Vorsitzender des Verwaltungsrats der KAEFER SE; mit Jörg Hueber, Geschäftsführender Gesellschafter der PETER MAY Family Office Service.

Moritz Koch und Jörg Hueber


Die KAEFER SE & Co. KG, bis Anfang 2022 KAEFER Isoliertechnik, mit Hauptsitz in Bremen, ist ein 1918 gegründetes und international aufgestelltes Familienunternehmen mit Aktivitäten in technischen Industriedienstleistungen in den Bereichen Isolierschutz (Wärme, Kälte, Schallschutz, Akustik), Zugangstechnik (Gerüstbau, Industriekletterer), Oberflächenschutz, Brandschutz und weiteren spezialisierten Dienstleistungen. Die KAEFER Gruppe erzielte im Jahr 2021 Umsatzerlöse von 1,8 Mrd. Euro und beschäftigt weltweit etwa 30.000 Mitarbeiter. Die Inhaberfamilie entschied sich zur Teilöffnung des Gesellschafterkreises, den sie im Mai 2022 um die ebenfalls in Familieneigentum befindliche SMS Group aus Düsseldorf und den Finanzinvestor Altor aus Schweden erweiterte. Unter der in 2022 begründeten Familienholding VAERING etabliert die Inhaberfamilie neben dem Kernunternehmen eine Family-Office-Struktur, die der Familie eine gewisse Diversifizierung des Familienvermögens ermöglicht.


Jörg Hueber:
Lieber Herr Koch, lassen Sie mich angesichts der Ballung der Themenstellungen unseres Austausches mit einer allgemeinen Beobachtung beginnen: Die Dekaden des Aufbaus und der wirtschaftlichen Stärkung traditioneller Familienunternehmen nach dem zweiten Weltkrieg erforderten eine weitgehende Fokussierung der Inhaberfamilie auf ihr Unternehmen, sowohl innerhalb ihres persönlichen wie auch wirtschaftlichen Beitrages. Das erwirtschaftete Vermögen verblieb dem Grunde nach vollständig im Familienunternehmen und finanzierte die weitere Fortentwicklung, die unternehmerische Verantwortung für das Familienunternehmen wurde in der Familie übertragen und durch die nachwachsenden Generationen zumeist – wenn ein „Loslassen“ der Vorgeneration dies ermöglichte – im Selbstverständnis fortgeführt.

Mit wachsender Stabilität und zunehmender wirtschaftlicher Prosperität wurde mit den Jahren Vermögen außerhalb des Unternehmens investiert, zumeist durch bankenunterstützte Vermögensbetreuung. Gleichzeitig wuchs die Anzahl der Familienmitglieder. Nicht alle Mitglieder aus Folgegenerationen sahen aufgrund eigener persönlicher Neigungen, beruflicher Interessen und Gründen emotionaler Unabhängigkeit einen Platz im Familienunternehmen, teilweise auch nicht (mehr) im Gesellschafterkreis.

Seit der Jahrtausendwende wiederum beobachten wir eine zunehmende Anzahl von Familien, die eigene Organisationsformen der diversifizierteren Vermögensanlage aufbauen – bis hin zur Etablierung eines eigenen Single Family Office. Dadurch entsteht ein institutionalisiertes, ausgleichendes Gegengewicht zum unternehmerischen Wagnis des Familienunternehmens. Gleichzeitig ermöglicht es der Familie, den unternehmerischen Einsatz entlang der Interessengebiete der einzelnen Familienmitglieder zu erweitern.

Moritz Koch: Lieber Herr Hueber, dann lassen Sie mich gerne Ihre übergeordnete Beobachtung mit der Entwicklung unseres Familienunternehmens und unserer Familie zusammenfassend vergleichen und spiegeln: Die KAEFER-Gruppe ist seit der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg vollständig im Eigentum unserer Familie. Mein Großvater beteiligte sich damals an dem Unternehmen und erwarb es dann vollständig vom damaligen Gründer. Er starb leider früh, so dass meine Großmutter zusammen mit ihren Söhnen übernehmen musste. Der Wiederaufbau nach dem Krieg und die zunehmenden Anforderungen der Industrie national wie international sorgten für fortwährendes Wachstum. In den 1990er Jahren trennten wir dann Kapital und Management, um klare Führungsstrukturen zu schaffen und die besten Köpfe für die Führung unseres immer größer werdenden Unternehmens zu finden.

KAEFER operiert heute in mehr als 30 Ländern als Industriedienstleister, der auf Verlässlichkeit und Effizienz ausgerichtet ist. Wir müssen laufend in die Ausrüstung unserer Mannschaften und in Material wie z.B. Gerüste investieren. Dabei stehen wir im Wettbewerb mit noch größeren, ebenfalls international tätigen Unternehmen, die durch ihre Finanzierungsstrukturen über eine höhere Kapitalkraft verfügen. Zudem findet eine aktive Marktkonsolidierung durch M&A in unserem Markt statt. 

Unsere Familie ist während all der Jahre ebenfalls gewachsen. Aktuell sind wir zehn Gesellschafter. Mit der nächsten Generation wird die Familie auf rund 30 Gesellschafter anwachsen. Obwohl wir nicht im Management tätig sind, bleiben wir dem Unternehmen als Familie eng verbunden. Mit der Übertragung der Anteile auf die dritte Generation hat sich diese selbst einer Bestandsaufnahme unterzogen, die Inhaberziele, die Governance und unsere Gesellschafterstruktur neu definiert.

Wegen unseres hohen Gerechtigkeitsempfindens übertragen wir die Anteile jeweils paritätisch an die nächsten Generationen. Dies hat bei uns, wie bei vielen Familien, zunächst zur Bildung von sogenannten Stämmen geführt, die mitunter in einem gewissen Wettbewerb zueinander standen. Da die Stämme mit je einer Person im Beirat vertreten waren, war zunächst eine symmetrische Informationspolitik gewährleistet. Jedoch führte diese Struktur auch dazu, dass unsere unternehmerische Handlungsfreiheit teilweise eingeschränkt und die Inhaberführung nicht optimal wahrgenommen werden konnte.

Vor fünf Jahren starten wir dann einen Prozess zur Neudefinition unserer Inhaberstrategie, als Teil dessen wir uns zügig für eine neue Governance-Struktur entschieden. Seither haben wir einen Familiensprecher etabliert, der von den Familiengesellschaftern frei und unabhängig gewählt wird und für die Familie mit einer Stimme spricht. Hierdurch haben wir ein neues, starkes unternehmerisches Zentrum geschaffen, welches die strategische Führung durch die Inhaber sicherstellt. Gemeinsam mit zwei weiteren gewählten Familienmitgliedern vertritt der Sprecher die Familie nach außen und sorgt für den entsprechenden Informationsfluss und die Abstimmung nach innen.


Jörg Hueber:
Aus dem inhaberstrategischen Diskurs Ihrer Familie reifte die Entscheidung für eine partielle Öffnung des Gesellschafterkreises – wohlgemerkt nach 100 Jahren im vollständigen Familieneigentum. Welches waren die wesentlichen Beweggründe für diesen bedeutenden Schritt? Und wie ist es Ihrer Familie gelungen, einen derartigen auch von persönlichen, emotionalen und materiellen Implikationen dem Grunde nach nicht immer befreitem Prozess erfolgreich umzusetzen?

Moritz Koch: Ich möchte diese Frage aus der Perspektive unseres Familienunternehmens wie auch der Individualität unserer Gesellschafter – meiner Familie – beantworten.

Für unsere Unternehmensgruppe galt und gilt es insbesondere, die unternehmerische Handlungsfähigkeit zu festigen. Dies bedeutet einerseits, das tägliche Stammgeschäft zu stärken und über die zusätzliche Aufnahme von Wachstumskapital zusätzliche Möglichkeiten z.B. für Investitionen und Konsolidierung über M&A realisieren zu können. Wie schon gesagt, bewegt sich unser Unternehmen im Wettbewerb mit kapitalstarken Unternehmen und muss laufend investieren. Den dafür benötigten Kapitalbedarf können und wollen wir nicht ausschließlich aus der Inhaberfamilie heraus bereitstellen. Die Größenordnung unseres Geschäfts und die Dynamik unseres Marktes macht hier größere Schritte notwendig.

Zudem möchten wir den Bedürfnissen meiner Generation wie auch den nachfolgenden Generationen gerecht werden, indem wir nicht mehr alle Eier in einen Korb legen, sondern unser unternehmerisch gebundenes Vermögen schrittweise diversifizieren. Für diesen großen Schritt mussten wir aber eine durchgängige Akzeptanz sicherstellen, sowohl in der Elterngeneration wie auch in meiner Generation.

Wir haben alle Aspekte dieser neuen Strategie ausführlich und über einen längeren Zeitraum hinweg diskutiert. Es war nicht einfach, da dieser neue Weg eine deutliche Veränderung zu den bisherigen Vorstellungen unserer Vorgängergeneration bedeutete. Schließlich haben wir aus meiner Generation heraus konkrete Vorschläge entwickelt, die am Ende für alle Gesellschafter akzeptabel waren. So konnten wir gemeinsam die weiteren Schritte einleiten.


Jörg Hueber:
Ihre Familie hat sich für einen strukturierten Veräußerungsprozess und quotale Öffnung des Gesellschafterkreises entschieden. Welche Leitgedanken haben die Kriterien für die passende Investorenwahl geprägt?

Moritz Koch: Vor der Öffnung des Gesellschafterkreises standen wir vor den folgenden grundsätzlichen Fragestellungen: Welche Form von Wachstumskapital unterstützt unser Kernunternehmen wirklich nachhaltig? Und wie erreichen wir auch vor dem Hintergrund der langfristigen Sicherung des Gesamtfamilienvermögens eine Diversifizierung des unternehmerischen Wagnisses? Und wie entwickeln wir hinreichende Freiräume für die Familie, ohne Kompromisse bei unserem größten Asset, unserem Familienunternehmen, zu machen?

In Abstimmung mit unseren Beratern haben wir uns für eine Investorenlösung entschieden, welche einerseits dem Familienunternehmen via Kapitalerhöhung genügend Wachstumskapital zur Verfügung stellt, andererseits über eine Anteilsübertragung die finanzielle Vermögensdiversifizierung für die Familie über eine eigens eingerichtete Beteiligungsholding der Familie ermöglicht.

Die gefundene Lösung bildet eigentlich etwas Unmögliches ab. Sie verbindet alle Investorengattungen, die man sich vorstellen kann. Zum einen haben wir einen strategischen Investor an Bord, jedoch bringt dieser selbst einen familiären Hintergrund und ein vergleichbares Werteverständnis mit. Zudem haben wir einen auf Familienunternehmen spezialisierten Finanzpartner an Bord genommen. So haben wir eine Partnerschaft geschaffen, die unser Familienunternehmen mit neuer Dynamik in die Zukunft tragen wird. So werden wir noch aktiver als bisher an der Konsolidierung unserer Branche teilnehmen und in neue Felder investieren können.

Zudem bringen unsere beiden neuen Partner jeweils spezifische Kompetenzen ein. So ist die SMS Group im Bereich des Stahlwerkbaus und der Metallwirtschaft aktiv und damit auch in Zukunftstechnologien wie dem „grünen Stahl” und dem Recycling von Autobatterien bewandert. Altor zeichnet sich durch eine starke ESG-Kompetenz und eine sehr erfolgreiche Historie in der Zusammenarbeit mit Familienunternehmen aus.


Jörg Hueber:
Die Erweiterung des Gesellschafterkreises erfolgte Anfang 2022. Sie selbst üben den Vorsitz des Verwaltungsrates der KAEFER SE & Co. KG aus und sind als Sprecher der Inhaberfamilie sehr nah in strategische Prozesse des Unternehmens eingebunden. In welcher Form und Atmosphäre erleben Sie die Einbindung Ihrer neuen Mitgesellschafter?

Moritz Koch: Ich kann hier natürlich keine Einzelheiten nennen. Nur so viel: Die Zusammenarbeit ist sehr produktiv und bringt bereits erste Ergebnisse hervor. Dabei hat uns die Einrichtung zweier Arbeitsgruppen geholfen, die wir bereits am Tag des Closings ins Leben gerufen haben. Nach einer raschen Einarbeitung wurde sofort an konkreten Maßnahmenvorschlägen für die nächsten Schritte gearbeitet. Diese sind jetzt durch den Verwaltungsrat zu bestätigen.

Der Fokus liegt dabei auf profitablem Wachstum, das in unserer Industrie den gezielten Einsatz von Kapital für bestimmte Entwicklungsschritte erfordert. Hier haben wir jetzt neue Möglichkeiten. Aber unbegrenzt sind die natürlich nicht. Daher geht es jetzt darum, das zusätzliche Kapital so effizient wie möglich einzusetzen, um profitables Wachstum zu generieren. Unsere nächsten Sitzungen im gemeinsamen Verwaltungsrat werden sehr spannend und inhaltlich bereichernd, soviel ist gewiss.


Jörg Hueber:
Mit der VAERING SE & Co. KG hat Ihre Familie eine Familienholding gegründet, die neben dem Kernunternehmen – der KAEFER SE & Co. KG – weitere unternehmerische Beteiligungen eingehen möchte.

Moritz Koch: Das ist richtig. Mit der Einrichtung unserer Familienholding wird es uns erstmals möglich, unsere unternehmerischen Beteiligungen planvoll zu diversifizieren und damit unser Familienvermögen zu sichern. Dabei können wir jetzt deutlich stärker als bisher auch die individuellen Interessen der Generationen bis hin zu den einzelnen Gesellschaftern berücksichtigen.

Auch dieser Entscheidung liegt eine intensive inhaberstrategische Debatte und schließlich Entscheidung zugrunde, in der die Interessen und auch Sorgen aller einzelnen Familienmitglieder gehört und berücksichtigt wurden. Diese sind in ein gemeinsames, definiertes Zukunftsbild eingeflossen. Auch diesen Prozess haben wir durch kompetente Beratung von außen begleiten lassen, was sehr hilfreich war.

Im Ergebnis haben wir uns entschieden, unseren Investitionshorizont innerhalb von VAERING nicht zu weit weg vom Stammgeschäft zu bilden, damit wir Kompetenz und Urteilsfähigkeit aus der Familie einbringen können. Wir suchen weiterhin die Nähe zur Industrie und zur Energie wie auch zu anderen Themen wie der effizienz- und sicherheitsorientierten Gebäudeausstattung. Hier ergeben sich im Kontext von neuen Energien, der Dekarbonisierung der Industrie und vielen anderen Entwicklungen ganz neue Möglichkeiten, die wir mit unserem Familienunternehmen nicht in der gleichen Weise adressieren konnten. Gleichzeitig steigt dadurch die Attraktivität für unsere eigene, nachwachsende Next Gen. Die ersten Investitionen unserer neuen Holding werden bereits heiß diskutiert. Viel heißer als die eigentlich ungleich größeren Schritte in unserem Stammgeschäft. Aber die dadurch resultierende emotionale Bindung ist durch nichts zu ersetzen.

Wichtig ist uns bei all diesen Schritten, die Diversifizierung unseres Familienvermögens nicht auf der gleichen Bilanz auszuführen und auch unser Management nicht zu defokussieren. Um dies zu erreichen, haben wir eine neue Einheit geschaffen, die unabhängig geführt und bilanziert wird. Ich habe als Sprecher der Familie hier zunächst die Geschäftsführung übernommen und arbeite aktiv daran, unser neues Team und das neue Management für unsere Familienholding aufzubauen.

Mit unserer Familienholding wollen wir das Prinzip der unternehmerischen Partnerschaften weiter ausbauen. Ich glaube, dass wir als Familie hier eine besondere Vorprägung haben. Nun gilt es, Gleichgesinnte zu finden, neue unternehmerische Partnerschaften zu schmieden und unsere Kompetenz als Familiengesellschafter auch in anderen Unternehmen einzubringen, die wie wir auf den nachhaltigen Umbau unserer Wirtschaft fokussiert sind.


Jörg Hueber:
Wir haben zu Beginn unseres Gespräches die wachsende Anzahl der Mitglieder der Eigentümerfamilie thematisiert. Welche Lösungen hat Ihre Familie für Familienmitglieder gefunden, die sich auch in der Selbstbestimmung Ihres Vermögens stärker individualisieren wollen? Haben sich alle oder die Mehrzahl der Mitglieder Ihrer Generation hinter VAERING versammelt und sind bereits Vorkehrungen getroffen, Mitglieder der Folgegeneration einzubinden? Welche Grundzüge einer Governance hat Ihre Familie in Bezug auf VAERING gefunden und welches sind die ersten Schritte, VAERING operativ „lauffähig“ zu machen?

Moritz Koch: Das sind viele Fragen, die uns tatsächlich aktuell alle beschäftigen. Unser großer Schritt hat viele neue Fragen aufgeworfen, die wir aber jetzt mit neuer Energie beantworten können. Bei der Gründung der Familienholding und der Allokation der freiwerdenden Mittel hatten wir erstmals die Freiheit, auch individuelle Wünsche der Vermögensallokation zu berücksichtigen. Dies steht nicht im Widerspruch dazu, dass die überwiegende Mehrheit ihr Kapital in unserer neuen Holdingstruktur investiert hat. Das Prinzip der Freiwilligkeit und der Zukunftsfähigkeit war dabei ausschlaggebend. Wie auch der Fakt, dass das Konzept von der jüngeren Generation entwickelt und der älteren Generation vorgestellt und gemeinsam verabschiedet wurde.

Inzwischen stehen wir sogar vor dem Schritt, unsere Next Gens zu beteiligen. Hier bietet sich im ersten Schritt eine Rolle im Familienmanagement an, um passende Angebote für alle Generationen zu entwickeln. Mit der Übertragung von Gesellschaftsanteilen kommen dann auch weitere Möglichkeiten dazu.

Die Repräsentanz im Aufsichtsgremium unseres Familienunternehmens konzentriert sich bei uns nunmehr auf eine Person. Diese bildet das unternehmerische Zentrum der Familie ab, muss diese thematisch mitnehmen, abholen und vertreten. Wir haben über mehrere Gesprächssitzungen in einem strukturierten inhaberstrategischen Findungsprozess jeweils individuell erkannt, wer sich selbst für eine Aufgabe befähigt sieht, aber auch, inwieweit die anderen Familienmitglieder, d.h. Geschwister, Cousins, Cousinen, dies genauso sehen und bereit sind, einer Person in dieser wichtigen Frage zu vertrauen. Das ist kein leichter Findungsprozess gewesen, aber wir haben ihn sehr konstruktiv erlebt und eine hoffentlich dauerhafte, gute Lösung gefunden.

Zudem haben wir eine weitere Ebene geschaffen, in der wir uns um unsere Beteiligungen kümmern. Hier ist die Familie stärker und zahlreicher vertreten, sowohl im Verwaltungsrat als auch in unserem künftigen Investment Committee. Wie auch schon in der Vergangenheit werden wir aber auch hier externe Experten einladen, die inhaltlichen Entscheidungen von allen Seiten zu reflektieren und zu einem guten Ergebnis zu führen.

Bei all diesen Schritten haben wir uns Zeit für die Konzeption und Diskussion genommen. Die Ergebnisse haben wir jeweils konkret aufgeschrieben und dann zügig umgesetzt. So ist ein regelrechter „Flow“ entstanden, in dem ein Schritt den nächsten ergeben hat. Die kompetente Beratung von außen hat dabei sehr geholfen. Aber am Ende waren wir es selbst, die das alles ermöglicht haben. Darauf können wir stolz sein.

Nachdem wir viel geschaffen haben, ist es nun Zeit für die Familie, das alles zu verdauen. Wir treffen uns regelmäßig, um über unsere Erfahrungen und Erlebnisse zu berichten und je nach Bedarf auch Konkretisierungen oder auch Veränderungen des bereits Beschlossenen zu entscheiden. Aber es kommen natürlich auch neue Themen auf, wie z.B. das Onboarding der nächsten Generation. Wir sind alle voller Energie und gespannt, ob und wie sich unsere Erwartungen jetzt erfüllen werden.

Bei der Einrichtung der neuen Strukturen agieren wir zügig, aber lassen uns auch die notwendige Zeit, die einzelnen Schritte zu verstehen, bevor wir sie umsetzen. Dabei greifen wir auch auf weitere externe Berater zu, die uns z.B. bei der rechtlichen als auch wirtschaftlichen Ausgestaltung unterstützen, um so möglichst aus dem Stand eine „State of the Art“-Struktur zu schaffen.


Jörg Hueber:
Lieber Moritz Koch, bei all den Entwicklungen, Entscheidungen, Diskussionen der letzten Jahre, wie geht es Ihnen heute? Und wie möchten Sie sich als Person weiter organisieren? Sie sind Vertreter Ihrer Familie im Verwaltungsrat eines international breit diversifizierten Familienunternehmens mit neuen Gesellschaftern, Geschäftsführer der Familienholding VAERING, führen auch seit Jahren ein eigenes unternehmerisches Leben und sind natürlich auch ein Privatmensch mit privaten Verpflichtungen gegenüber Ihrer eigenen Familie.

Moritz Koch: Mir war seit vielen Jahren klar, dass sich auch mein eigenes Berufsleben in dieser ganzen Transformation verändern muss. Ich habe daher meine eigenen unternehmerischen Aktivitäten nicht in dem Maße entwickeln können, wie ich dies sonst gemacht hätte.

Man muss in der Rolle als Familiensprecher bereit sein, sich der Familie zu unterwerfen und ihr zu dienen. Gleichzeitig muss man die Kraft entwickeln, eine gemeinsame Vision zu formulieren und dabei auch die einzelnen Familienmitglieder und ihre Vorstellungen mitzunehmen und nicht aus dem Blick zu verlieren. Das Ganze hat viel mit Moderation und Führung zu tun. Eine Gratwanderung, die nur gelingen kann, wenn man sich mit großem Respekt, im Vertrauen und unter dem Prinzip der Äquidistanz begegnet.

Privat haben meine Frau und meine Kinder einiges aushalten müssen. Sie haben aber immer zu mir gestanden, was mir die notwendige Kraft gegeben hat, die Rolle des Familiensprechers als Erster in unserer Familie und ohne konkretes Vorbild auszufüllen. Ohne sie hätte ich das nicht schaffen können. Ich bin ihnen unendlich dankbar dafür. Wir sind es alle.

 

 

Über die Gesprächspartner

Moritz Koch ist der Sprecher der Unternehmerfamilie, die hinter dem Industriedienstleister KAEFER aus Bremen steht. KAEFER ist mit 1,8 Mrd. Euro Umsatz (2021) und 30.000 Mitarbeitern einer der international führenden Spieler auf diesem Gebiet. Moritz Koch ist Vorsitzender des Verwaltungsrats und hat in der jüngeren Vergangenheit aus dieser Position heraus eine unternehmerische Partnerschaft mit SMS und Altor geschlossen. Moritz Koch ist auch Geschäftsführer der neuen Familienholding VAERING, die sich die Diversifizierung des Familienvermögens zum Ziel gesetzt hat. Schließlich ist er noch an einer digitalen Strategieberatung beteiligt, die sich auf die Digitalisierung der Geschäftsmodelle von mittelständischen Unternehmen spezialisiert hat.

Jörg Hueber ist Geschäftsführender Gesellschafter der PETER MAY Family Office Service GmbH & Co. KG und befasst sich mit Themenstellungen der Angemessenheit und Aktualität der Vermögensverteilung in Inhaberfamilien, der Übertragung von Anteilen an Familienunternehmen innerhalb der Familie, zu Abfindungsregelungen für Gesellschafter bei Kündigung ihrer Gesellschafterrolle, zu Fragestellungen der Öffnung des Gesellschafterkreises sowie mit Beratungsleistungen des Kaufs und Verkaufs von Unternehmensbeteiligungen für Familienunternehmen, Inhaberfamilien und Family Offices. Vor seiner Tätigkeit in der PETER MAY Gruppe ist Jörg Hueber mehr als 20 Jahre in international führenden Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Investmentbanken tätig gewesen und hat den M&A-Bereich eines börsennotierten Unternehmens verantwortet.