Strukturierung des Familienvermögens

Für wachsende und sich international verzweigende Unternehmerfamilien wird die ausgewogene Strukturierung des Familienvermögens zur komplexen Herausforderung. Prof. Dr. Maximilian Werkmüller und Madleen Buchar berichten im Interview über ihre Erfahrungen.

Madleen Buchar

 

Lieber Max Werkmüller, Sie sind über viele Jahre Family Officer einer großen, international verzweigten Unternehmerfamilie gewesen. Was hat sich nach Ihrer Beobachtung in den vergangenen Jahren in der Strukturierung der Diversifikation großer Vermögen verändert?

Max Werkmüller: Vermutlich ist meine Antwort erwartbar: Die Vielfalt und Komplexität an Vermögensanlagen und die Kanäle, über die diese an eine Familie oder den Family Officer herangetragen werden ist signifikant größer und auch unübersichtlicher geworden. Und damit komme ich zum Kern einer Antwort: Verändert haben sich auch die Anforderungen an das professionelle Vermögensmanagement, das sich mit dieser Vielfalt qualifiziert auseinandersetzen muss. Für die meisten Familien ist in erster Linie ihr originäres Geschäft – das Familienunternehmen - wichtig – darauf konzentriert sich in der Regel ein großer Teil des Interesses. Aufgabe des Family Officers bzw. des Family Office ist es dann, dafür zu sorgen, dass abseits des Familienunternehmens dennoch eine Diversifikation in andere Vermögensklassen stattfindet, welche der strategischen Gesamtausrichtung der Familie entspricht und welche die Risken des operativen Geschäftes des Familienunternehmens abfedert.

Madleen Buchar: Eine breite Artenvielfalt sehen wir doch auch in der Diversifizierung der Vermögensanlagen in Unternehmensbeteiligungen. Neben Direktbeteiligungen in das Eigenkapital eines Unternehmens als Kapitalanlage – auch hier gibt es Gestaltungsformen, Mischformen – oder auch als Fremdkapitalgeber treten ohnehin seit vielen Jahren unterschiedlichste Beteiligungsfonds und -vehikel bis hin zu eher sehr flexiblen Ausprägungen wie das Investment in Börsenmäntel bzw. SPACs, bei denen der Investor zunächst gar nicht weiß, welche Anlagemöglichkeit sich ihm bietet.

 

Wie überträgt sich diese, um die Begrifflichkeit von Madleen Buchar aufzugreifen, Artenvielfalt in Ihre tägliche Erfahrung in der PMFOS?

Madleen Buchar: Wir bewegen uns doch häufig entlang einer langen Wirkungskette aus (1) Veränderungen im Gesellschafterkreis eines Familienunternehmens etwa durch Nachfolge oder Ausscheiden von Gesellschaftern, (2) Überlegungen zur Ausgestaltung und der Umsetzung von Beteiligungsübertragungen und schließlich (3) der Fragestellung der Vermögensorganisation nach Liquiditätszufluss aus einer Anteilsübertragung in die Sphäre einzelner oder mehrerer Familienmitglieder. Weitere Ereignisse oder Veränderungen der Kapitalseite, seien es Entnahmen oder Ausschüttungen oder die Rückzahlung von Darlehen, welche die Gesellschafter dem Familienunternehmen gewährt haben, führen zu einem Liquiditätsereignis bei den entsprechenden Familienangehörigen.

Max Werkmüller: Aus diesem Grund ist es besonders wichtig, dass das Family Office zu jedem Zeitpunkt die Gesamtstruktur des Vermögens kennt und die Auswirkungen der von Madleen Buchar beschriebenen Maßnahmen beurteilen kann. Es ist von großer Bedeutung, dass dies antizipatorisch und nicht etwa nachlaufend geschieht. Family Offices agieren als Teilnehmer an den Finanz- und Kapitalmärkten nicht wie klassische Finanzinvestoren oder eher opportunistischen Investoren, denen in erster Linie daran gelegen ist, ein Unternehmen in einer angespannten Situation zu erwerben und nach einer erfolgten Restrukturierung möglichst mit hoher Rendite auf das eingesetzte Kapital wieder abzustoßen. Family Offices investieren unter strategischen Gesichtspunkten. Sie sind daran interessiert, andere Unternehmen oder Beteiligungen daran zu erwerben, die strategisch zu ihnen passen. Diese Unternehmen werden dann auch nicht kurzfristig wieder abgestoßen sondern langfristig in die Gesamtvermögensstrategie integriert. Ein klassisches (Single) Family Office hält für diesen wichtigen Bereich des Beteiligungsmanagements und -controlling in der Regel eigene Fachkräfte vor, die diese Arbeit erledigen. Trotzdem benötigen auch diese Fachabteilungen Unterstützung von außen – insbesondere betrifft dies die technische Seite des Transaktionsprozesses und das Controlling. Hier kommt dann die PMFOS ins Spiel, die gerade in diesem Bereich über ein jahrelang gepflegte und nachweisbare Kenntnisse verfügt.

 

Herr Werkmüller, Sie sprachen eben die familieneigenen Single Family Offices an, in welchen Situationen ist dies aus Ihrer Sicht ratsam?

Max Werkmüller: Ob eine Familie ein eigenes Single Family Office errichtet oder sich von einem Multi Family Office beraten lässt, ist eine entscheidende Frage im Vorfeld, die nicht allein von der Größe des jeweiligen Vermögens abhängt. Natürlich sind die Kosten in einem Single Family Office tendenziell höher, so dass man fairerweise bei kleineren Vermögen (etwa bis EUR 50 Mio.) besser bei einem Multi Family Office aufgehoben ist. Wenn aber bei der Familie Exklusivität und Diskretion einen besonders hohen Stellenwert haben, dann kann auch bei kleineren Vermögen ein Single Family Office sinnvoll sein. Bei der Beratung von Unternehmerfamilien ist auf diese wichtige Vorfrage ein besonderer Fokus zu legen. Wird hier falsch entschieden, so wird man später nur schwer Korrekturen vornehmen können.

Madleen Buchar: In Ergänzung zu einer Organisation des Vermögensmanagements über ein Single oder Multi Family Office sehen wir natürlich auch, dass einzelne Familienangehörige Ihr Vermögen selber organisieren oder dies mit Unterstützung eines Rechtsanwaltes oder Steuerberaters umsetzen. Dies ist im Grunde genommen in der Umsetzung teilweise wenig unterscheidbar von der Institutionalisierung über ein Family Office, nur dass es eben nicht so bezeichnet wird. Teilweise erfolgt die Verwaltung auch über das eigene Familienunternehmen, d.h. durch den kaufmännischen Geschäftsführer oder einem anderen dafür vorgesehenen Angestellten.

Mitunter übertragen Unternehmerfamilien und auch Family Offices Dienstleistungen auf uns als Dienstleister. Dies betrifft etwa den Bereich der unternehmerischen Direktinvestitionen. Hier übernehmen wir für unsere Mandanten die ganzheitliche Umsetzung von der Identifikation einer Beteiligungsmöglichkeit – meist in unserem Netzwerk aus Familien, Family Offices und Familienunternehmen – der Begleitung des Transaktionsanbahnungsprozesses aus der Formulierung einer Absichtserklärung, Termsheet, Due Diligence, Beteiligungsbewertung bis hin zur Formulierung und Verhandlung der Beteiligungsvereinbarung. In der PETER MAY Organisation befinden sich erfahrene Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Unternehmertransaktionsexperten. Nach Erwerb einer Beteiligung übernehmen wir das Beteiligungscontrolling, und – soweit dies im Einklang mit der Corporate Governance steht – die Ausübung von Beiratsmandaten in Stellvertretung unserer Mandanten. Unsere Mandanten können natürlich auch einzelne Arbeitsbereiche unseres Beratungsangebotes in Anspruch nehmen, wenn sie andere Teilbereiche bei sich selbst oder anderen Organisationsform sehen.

 

Liebe Frau Buchar, beschreiben Sie uns näher, welche Form unternehmerischer Beteiligung Ihr Haus begleitet

Madleen Buchar: Im Regelfall setzt sich unsere Mandantschaft aus Angehörigen relevanter Unternehmerfamilien zusammen. Wir müssen hier eigentlich keine Beratungsleistung zur Einordnung von Geschäftsmodellen erbringen, das können unsere Mandanten sehr gut selber einschätzen. Aber natürlich tauschen wir uns aus. In fachlicher Hinsicht, darauf bin ich eben kurz eingegangen, unterstützen wir mit technischen Beratungsleistungen wie der Due Diligence, Unternehmensbewertung und der damit einhergehenden Aufbereitung und Analyse von finanziellen Geschäftsmodellen. Gleiches gilt für die steuerliche und rechtliche Beratung sowohl im Hinblick auf das jeweilige Investitionsvorhaben wie auch im Hinblick auf die Sphäre des einzelnen Familienmitgliedes in seiner persönlichen Ebene. Dadurch, dass wir alle Themenfelder sowohl auf Ebene von Unternehmen und Privatperson abdecken, reduziert sich die Beratervielfalt und -komplexität für unsere Mandanten natürlich deutlich. Und ich denke, das ist für unsere Mandanten auch wichtig.

Aus unserem Netzwerk heraus identifizieren wir Investitionsmöglichkeiten etwa im Konzert mehrerer Familien, die sich zu einem Investorenpool zusammenfinden. Häufig ist es so, dass uns ein oder zwei Familien fragen, ob wir eine dritte Familie kennen, die etwa eine fachliche Qualifikation oder Netzwerk mitbringt, welche den Gesellschafterkreis ihres gemeinsamen Unternehmens weiterentwickeln. Dann suchen und finden wir den richtigen Mitgesellschafter.

Gleichfalls bringen wir Familien für ein Co-Investment mit professionellen Beteiligungsgesellschaften zusammen, von denen wir den Eindruck haben, dass beide Parteien in ihrem unternehmerischen Charakter und Anlagephilosophie wunderbar zusammenpassen. Und auch hier beraten wir dann bei einem gemeinsamen Investment mit unseren fachlichen Beratungsleistungen.

Ebenso strukturieren wir die Möglichkeit von Rückbeteiligungen oder Kaufoptionen etwa bei einem Unternehmensverkauf als vertrauter Berater unserer Mandanten. Sie sehen, die Vielfalt an Situationen ist groß. Die Sensibilität in der Betreuung unserer Mandanten ist es auch und beides zusammenzuführen, macht das Besondere in unserem täglichen Handeln aus.

 

Liebe Madleen Buchar, lieber Max Werkmüller, wir danken Ihnen wir dieses Gespräch.