Von Elias Resinger und Dr. Paul Schörghofer
Ein freiwilliger Beirat ist in vielen Familienunternehmen ein wesentliches Instrument professioneller Unternehmensführung. Er kann die Eigentümerfamilie bei strategischen Entscheidungen unterstützen und zur nachhaltigen Unternehmensentwicklung beitragen.
In Österreich besteht für Familienunternehmen keine generelle Verpflichtung zur Einrichtung eines Beirats. Dennoch empfiehlt der Governance Kodex für Familienunternehmen auch für Unternehmen, die von Gesetzes wegen nicht zur Einrichtung eines Aufsichtsrates verpflichtet sind, die Einrichtung eines unabhängigen Beirats, insbesondere bei wachsender Unternehmensgröße und steigender Komplexität z.B im Gesellschafterkreis.
Wann ist ein Beirat sinnvoll?
Ein Beirat kann in verschiedenen Situationen und Unternehmensphasen wertvolle Unterstützung leisten. Entscheidend ist, dass die Eigentümerfamilie klar definiert, welche Aufgaben das Gremium übernehmen soll. Dabei hängt die konkrete Ausgestaltung wesentlich von der Struktur und Entwicklungsphase des Unternehmens ab.
Mit dem 3-Dimensionen-Modell von Prof. Peter May lassen sich Familienunternehmen nach Inhaberstruktur (Alleininhaber, Geschwistergesellschaft, Cousin-Konsortium, Familiendynastie), Investitionsstruktur (junges, fokussiertes, diversifiziertes Unternehmen oder Family Office) und Governance-Struktur (inhabergeführt, familiengeführt, familienkontrolliert oder fremdgesteuert) kategorisieren. Je nach Zugehörigkeit zu einer dieser Gruppen ergeben sich typische Herausforderungen, für die ein Beirat Lösungen bieten kann.
Allzweckwaffe Beirat
Ein Beirat kann je nach Bedarf verschiedene Funktionen übernehmen, darunter:
- Er kann als weitblickender Sparringspartner,
- wohlmeinender Aufpasser,
- hinterfragender Kontrolleur,
- objektiver Personalentscheider,
- als Moderator bei der Nachfolge und Schlichter bei Konflikten
Je nachdem mit wie viel Macht er ausgestattet ist, verhindert er falsches Tun, ermutigt unternehmerisch weitreichende Entscheidungen zu treffen und bewahrt vor hohen finanziellen Risiken oder gar Verlusten und ist damit in schwierigen Zeiten ein verlässlicher Anker für die Inhaber. Für einen Alleininhaber kann der Beirat eine wertvolle Sparringsfunktion bieten und zur Absicherung bei plötzlichem Ausfall beitragen. In einer familienkontrollierten Struktur (Stichwort: Fremdgeschäftsführung) kann er helfen, eine professionelle Unternehmensführung sicherzustellen und generationsübergreifende Entscheidungen zu begleiten.
Anforderungen an Beiratsmitglieder
Auch ein professionell konzipierter Beirat mit ordentlich geregelten Rechten und Pflichten ist am Ende nur so gut wie seine Mitglieder. Viele Unternehmen wählen Beiräte aus dem persönlichen Umfeld, statt gezielt nach den nötigen Kompetenzen zu suchen. Eine professionelle Auswahl beginnt mit einer klaren Definition der fachlichen und persönlichen Anforderungen.
Die Mitglieder des Beirats sollten sorgfältig nach den individuellen und aktuellen Bedürfnissen des Unternehmens ausgewählt werden. Ein funktionierender Beirat vereint Mitglieder mit breitem Generalwissen, von unternehmensspezifischem und technischem Know-how bis hin zu Managementkompetenz. Entscheidend sind zudem genügend Zeit für das Mandat, Unabhängigkeit und persönliche Reife, ohne in die Rolle der Geschäftsführung zu drängen. Neben fachlicher Expertise braucht es soziale Stärke: die Fähigkeit, Konflikte auszutragen, Diskussionen zu moderieren, Widersprüche auszuhalten, konstruktiv zu hinterfragen und neue Impulse zu setzen.
Eine klare Definition der Aufgaben, regelmäßige Evaluierungen und gegebenenfalls Anpassungen stellen sicher, dass der Beirat langfristig zur erfolgreichen Entwicklung des Familienunternehmens beiträgt.
Bei der Suche helfen Netzwerke oder spezialisierte Berater. Beiräte müssen gewonnen, nicht nur gefunden werden. Die Vergütung variiert je nach Unternehmensgröße und Aufgabenbereich. Eine professionelle Arbeitsweise mit klarer Sitzungsstruktur, definierten Zielen und regelmäßiger Evaluierung erhöht die Wirksamkeit des Beirats erheblich.
Moderne Beiräte sind nach vorne gestaltend statt nach hinten bewertend
Damit der Beirat nachhaltig wirksam ist, sind klare Strukturen und Abläufe entscheidend:
- Vorsitz und Leitung: Der Vorsitzende plant und moderiert die Sitzungen, stellt den Informationsfluss sicher und fungiert als Bindeglied zwischen Eigentümern, Geschäftsführung und Beirat.
- Sitzungsgestaltung: In den ersten Treffen werden Kernthemen und Berichtswesen festgelegt. Neben Finanzkennzahlen sollten auch strategische und operative Entwicklungen regelmäßig besprochen werden. Ein klarer Arbeitsmodus mit der Geschäftsführung sorgt für effektive Zusammenarbeit.
- Interne Abstimmung: Vor Sitzungen kann ein Austausch im kleinen Kreis sinnvoll sein, um zentrale Fragen zu klären.
- Evaluierung: Mindestens einmal jährlich sollte der Beirat seine Arbeit reflektieren; sowohl intern als auch gemeinsam mit der Geschäftsführung, um die Effektivität sicherzustellen.
Aber mit welchen Rechten kann ein Beirat ausgestattet werden, um ein wertvolles Gremium guter Governance zu sein?
Der Beirat ist – anders als etwa Vorstand, Geschäftsführung oder Aufsichtsrat – nicht gesetzlich geregelt. Rechtsgrundlage kann entweder der Gesellschaftsvertrag (allenfalls in Verbindung mit einem Gesellschafterbeschluss) oder ein (einfacher) Vertrag bzw ein nicht auf einer gesellschaftsvertraglichen Grundlage beruhender Gesellschafterbeschluss sein. Die bei der Einrichtung bestehende Gestaltungsfreiheit hängt von der Gesellschaftsform des Familienunternehmens ab, wobei im Folgenden der Beirat in einer GmbH im Fokus stehen soll.
Vor dem Hintergrund des Fehlens näherer gesetzlicher Vorschriften zum Beirat und seinen unterschiedlichen Aufgaben liegt auf der Hand, dass sein Funktionieren in der Praxis wesentlich von seiner präzisen Einrichtung abhängt. Dabei gilt, dass mit einer Regelung „von der Stange“ selten das Auslangen gefunden werden wird, sondern sich eine „Maßanfertigung“ lohnt. Selbst im Fall einer gesellschaftsvertraglichen Verankerung empfiehlt es sich, nähere Regelungen in einer – nicht öffentlichen und schneller zu ändernden – Beiratsordnung vorzunehmen.
Der auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage eingerichtete Beirat hat grundsätzlich Organfunktion und es können ihm auch, im gesetzlich zulässigen Rahmen, Kompetenzen anderer Organe eingeräumt werden. Sogar ein Weisungsrecht kann dem Beirat so gegeben werden. Insgesamt kann dem gesellschaftsvertraglichen Beirat, soweit dies gewünscht ist, somit mehr „Power“ gegeben werden. Bei Einrichtung eines Beirats auf schuldrechtlicher Basis sind dafür geringere rechtliche Schranken zu beachten und es gibt somit noch mehr Gestaltungsfreiheit.
Mit Blick auf seine Rechte werden drei wesentliche Ausprägungen des Beirats unterschieden:
- Beratungsorgan: Der Beirat soll (nur) beraten und die Geschäftsführung als „Sparringspartner“ bei wichtigen (strategischen) Entscheidungen unterstützen
- Überwachungsorgan: Der Beirat soll die Geschäftsführung kontrollieren (mögliche Kontrollrechte sind insbesondere punktuelle oder umfassende Zustimmungs- sowie Informationsrechte) – hier ist zu beachten, dass die Rechte eines verpflichtend einzurichtenden Aufsichtsrats nicht beschnitten werden dürfen; umgekehrt macht die Einräumung der Kompetenzen eines Aufsichtsrats an einen Beirat diesen zu einem Aufsichtsrat mit der Konsequenz, dass die einschlägigen Bestimmungen über den Aufsichtsrat (also insbesondere auch die Arbeitnehmermitbestimmung) auf ihn anzuwenden sind
- Gesellschafternahes Organ: Schließlich können dem Beirat auch Kompetenzen der Gesellschafter eingeräumt werden, damit er als Bindeglied zwischen Geschäftsführung und Gesellschafter, sozusagen als „verlängerter Arm“ der Gesellschafter, fungieren kann
Neben einer eindeutigen Aufgabenzuteilung ist es bei der Einrichtung eines Beirats auch wichtig, klare, aber auch nicht zu komplexe Vorgaben für seine innere Organisation zu machen. Dazu gehören neben Regeln über die Einberufung, die Vorsitzführung und die Errichtung eines Protokolls insbesondere auch Bestimmungen zur Entscheidungsfindung bzw Beschlussfassung im Beirat. Hier geht es neben der Form der Beschlussfassung um die Beschlussmehrheiten sowie die Stimmgewichtung und schließlich darum, wie mit mangelhaften Beschlüssen umgegangen wird.
Bemerkungen zum Beirat in der österreichischen Privatstiftung
Die österreichische Privatstiftung spielt eine wichtige Rolle bei der Gestaltung von Familienunternehmen. Während der Aufsichtsrat in der Praxis kaum vorkommt, werden in Privatstiftungen regelmäßig Beiräte eingerichtet. Auch hier ist auf die rechtlichen Konsequenzen einer aufsichtsratsähnlichen Gestaltung zu achten ist, wobei als besonderes Thema die Anwendbarkeit der Unvereinbarkeitsbestimmungen für Begünstigte zu nennen ist. Als wichtige Kompetenz kann dem Beirat das Recht zur Bestellung des Stiftungsvorstands eingeräumt werden.
Fazit
Eine professionell organisierte Beiratsarbeit steigert die Effizienz und den Mehrwert des Gremiums erheblich. Ein gut aufgestellter Beirat unterstützt Familienunternehmen gezielt bei strategischen und operativen Herausforderungen.
Wir begleiten Sie gerne bei der Evaluierung bestehender Beiräte und Aufsichtsräte sowie bei der Konzeption neuer Gremien, maßgeschneidert auf die Bedürfnisse Ihres Familienunternehmens.
Über die Autoren:
Mag. Elias Resinger, LL.M. (Boston) ist Partner bei PETER MAY Family Business Consulting. Sein Beratungsschwerpunkt liegt in der strategischen Begleitung von Unternehmerfamilien, insbesondere in der Vorbereitung und Einbindung der nächsten Generation, der Gestaltung von Nachfolgeprozessen, der Evaluierung und Neukonzeption von Beiräten, sowie in der Entwicklung und Implementierung von Familienverfassungen.
Dr. Paul Schörghofer, LL.M. (Harvard) ist Rechtsanwalt und Partner der Frotz Rechtsanwälte OG. Seine Tätigkeitsschwerpunkte bilden Gesellschaftsrecht (auch für Familienunternehmen), insbesondere Umgründungsrecht und Gesellschafterstreitigkeiten, sowie Mergers & Acquisitions. Er ist Autor zahlreicher Publikationen und Fachvortragender.