Steuerliche Herausforderungen für eine „internationale“ Unternehmerfamilie

Dieter Jeschke hat die steuerlichen Herausforderungen zusammengestellt, die auf eine Unternehmerfamilie mit Mitgliedern im Ausland zu kommen.

Dieter Jeschke

 

Immer häufiger treffen wir in unserer Beratungspraxis auf Fragestellungen, die sich aus der „Internationalisierung“ von Inhaberfamilien ergeben. Gesellschafter haben ihren Lebensmittelpunkt oder zumindest einen Zweitwohnsitz im Ausland oder ein Gesellschafter hat ausschließlich oder zusätzlich eine ausländische Staatsangehörigkeit. Diese persönlichen Lebensentscheidungen haben – häufig zunächst gar nicht erkannte – Folgewirkungen. Dieser Beitrag soll Unternehmerfamilien für die Fragestellungen sensibilisieren, die sich aus steuerlicher Sicht aus der Internationalisierung der Inhaberfamilie ergeben. Schon aus Raumgründen kann der Beitrag nicht den Anspruch einer vollständigen Information erheben, da sowohl das deutsche Recht als auch die verschiedenen ausländischen Rechtsordnungen teilweise sehr komplex sind. Ich möchte vielmehr dazu aufrufen, sich rechtzeitig mit der Situation auseinanderzusetzen und die eintretenden Rechtsfolgen interessensgerecht zu planen und zu gestalten.

 

Die Verlagerung des Lebensmittelpunktes in das Ausland

Laufende Einkommensbesteuerung

Presseberichte über Sportler, die ihren Wohnsitz nach Monaco verlegen und dann keine oder nur noch geringe Steuern zahlen müssen, erzeugen in der Öffentlichkeit häufig den Eindruck, vermögende Personen könnten sich durch einen Wohnsitzwechsel von der deutschen Einkommensteuer verabschieden. Dies ist ein Irrtum. Der deutsche Gesetzgeber hat in einem umfangreichen Katalog geregelt, dass auch nach der Verlagerung des Lebensmittelpunktes in das Ausland im Inland mit einer Vielzahl von Einkünften eine sogenannte beschränkte Steuerpflicht besteht. Hierunter fallen insbesondere Einkünfte aus Unternehmensbeteiligungen oder Immobilien. Darüber hinaus ist geregelt, dass unter bestimmten Voraussetzungen bei Wegzug in Niedrigsteuerländer eine sogenannte erweiterte beschränkte Steuerpflicht besteht. Ein deutscher Unternehmer/Gesellschafter kann daher davon ausgehen, dass er mit seinen unternehmerischen Einkünften in der Regel im Inland dauerhaft steuerpflichtig bleibt, und zwar auch dann, wenn er seinen inländischen Wohnsitz aufgibt. Im Regelfall besteht zusätzlich – eine Ausnahme besteht nur für wenige Steueroasen – eine Steuerpflicht im Ausland, wobei eine doppelte Besteuerung meist auf Basis der sogenannten Doppelbesteuerungskommen vermieden wird.

 

Wegzugsbesteuerung

Ferner unterliegt der Wegzug selbst häufig einer sogenannten Wegzugsbesteuerung. Dies gilt insbesondere bei einer Beteiligungsquote von mindestens 1 Prozent an einer Kapitalgesellschaft, unter bestimmten Voraussetzungen aber auch bei Personengesellschaften. Bei Wegzug im EU-Raum ist die anfallende Einkommensteuer allerdings zinslos zu stunden, vorausgesetzt, dass in der Zukunft umfangreiche Melde- pflichten jährlich erfüllt werden.

 

Risiko der doppelten Erbschaftsteuerbelastung

Der Wegzug führt auch nicht dazu, dass zukünftig die Erbschaftsteuer entfällt, selbst wenn in ein Land gezogen wird, welches die Erbschaftsteuer abgeschafft hat (z.B. Österreich). Auch hier bleibt es bei bestimmten inländischen Vermögenswerten bei einer inländischen Schenkungsteuer, insbesondere bei Personengesellschaftsanteilen und Anteilen an Kapitalgesellschaften von mindestens 10 Prozent, wobei Anteile nahe- stehender Personen einzubeziehen sind. Außerdem besteht unverändert unbeschränkte Steuerpflicht, wenn die Erben oder Beschenkten einen inländischen Wohnsitz haben.

Daneben ist zu bedenken, dass nicht alle ausländischen Staaten die Erbschaftsteuer abgeschafft haben oder sogar andere Anknüpfungsregeln haben. So kennt Kanada zwar keine Erbschaftsteuer, unterwirft einen Erwerbsvorgang aber der Capital-Gains-Tax, die noch nicht einmal auf die deutsche Erbschaftsteuer angerechnet wird. Die Vererbung wird dort also wie eine Veräußerung von Unternehmensanteilen an Dritte gewertet und es werden Steuern auf „Veräußerungsgewinne“ erhoben.

Auch im Verhältnis zu anderen Ländern ist die Anrechnung bei doppelter Erbschaftsteuerpflicht keine Selbstverständlichkeit. Deutschland hat nur mit sechs Ländern Abkommen zur Vermeidung einer doppelten Erbschaftsbesteuerung abgeschlossen. Auch wenn es häufig nationale Vorschriften zur Vermeidung einer doppelten Erbschaftsbesteuerung gibt, gilt dies nicht für alle Vermögenswerte. So unterliegen z.B. Guthaben auf spanischen Bankkonten bei unterschiedlichem Wohnsitz von Erblasser/Erbe einer doppelten Erbschaftsteuer.

 

Die Begründung eines Zweitwohnsitzes im Ausland

Die Begründung eines Zweitwohnsitzes im Ausland erscheint auf den ersten Blick für den nicht informierten Laien nahezu bedeutungslos. Allerdings sollten die möglichen Folgewirkungen keinesfalls unter- schätzt, sondern sorgfältig geprüft werden.

In vielen Ländern, so auch in Deutschland, führt die Begründung eines Wohnsitzes, auch wenn es sich um einen Zweitwohnsitz handelt, im Grundsatz zur unbeschränkten Steuerpflicht, d.h. zu einer Steuerpflicht mit dem sogenannten Welteinkommen – gleichgültig wo es erzielt wird. Allerdings wird diese doppelte Steuerpflicht in der Regel durch die Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) vermieden. Diese Abkommen legen dann anhand bestimmter Kriterien fest, in welchem Land eine Person im Verhältnis der beteiligten Vertragsstaaten als ansässig gilt. Im anderen Land dürfen dann nur bestimmte Einkünfte aus diesem Land besteuert werden, wobei der Ansässigkeitsstaat diese Einkünfte dann freistellen oder zumindest die Steuern anrechnen muss.

Bei der Ermittlung des Ansässigkeitsstaates, welcher eine unbeschränkte Steuerpflicht beanspruchen kann, kommt es keinesfalls auf irgendwelche melderechtlichen Bestimmungen (Anmeldung eines Zweitwohnsitzes) an, sondern zunächst auf die Frage, in welchem Land eine Wohnstätte unterhalten wird. Dabei haben Ferienwohnungen, die nur gelegentlich genutzt werden, zwar einen Wohnsitz zur Folge, nicht aber eine Wohnstätte i.S. der DBA. Allerdings können regelmäßig und dauerhaft genutzte Ferienhäuser durchaus eine Wohnstätte begründen, so dass es dann darauf ankommt, wo der Mittelpunkt der Lebensinteressen liegt. Hier kann es im zeitlichen Ablauf zu einer ungeplanten Verlagerung kommen, insbesondere wenn die Tätigkeit des Gesellschafters, z.B. im Rahmen einer Aufgabe der operativen Funktion, endet.

Im Grundsatz ist allerdings davon auszugehen, dass die ertragsteuerlichen Folgen eines Zweitwohnsitzes meistens überschaubar sind, solange der Lebensmittelpunkt im Inland bleibt. Dann gibt es auch keine Wegzugsbesteuerung.

Demgegenüber sind die erbschaftsteuerrechtlichen Folgen wegen der wenigen von Deutschland abgeschlossenen Abkommen in der Regel weniger klar. So kann allein die Innehabung eines Zweitwohnsitzes im Ausland dazu führen, dass eine Person dort mit allen Erwerben (Erbfall, Schenkung) erbschaftsteuerpflichtig wird, egal, wo sich dieses Vermögen befindet. Demzufolge sollte vor Begründung eines Zweitwohnsitzes im Ausland geprüft werden, ob das betreffende Land eine ähnliche Regelung wie Deutschland kennt. Nicht fernliegend oder überraschend sollte dagegen sein, dass Erbschaftsteuer/Schenkungsteuer zumindest auf in diesem Land befindliche Grundstücke oder Gesellschaftsanteile erhoben wird, wobei sich dann gegenüber Deutschland durchaus erhöhte Belastung ergeben können, zumal wenn der ausländische Staat keine steuerliche Privilegierung von Unternehmensvermögen kennt.

 

Der Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit

Der ausschließliche oder zusätzliche Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit ist meistens bezüglich der steuerlichen Folgen für den Gesellschafter irrelevant. Allerdings gilt dies nicht uneingeschränkt. So führt z.B. der Erwerb der US-amerikanischen Staatsangehörigkeit dazu, dass die betreffende Person auf Grund ihrer Nationalität, und zwar unabhängig davon, wo sie sich befindet, in den USA steuerpflichtig wird und regelmäßig Steuererklärungen abzugeben hat. Es ist daher in jedem Fall – und zwar nicht nur in steuerrechtlicher Sicht – zu prüfen, ob und welche Pflichten sich aus dem Erwerb der neuen oder zusätzlichen Staatsbürgerschaft ergeben.

 

Fazit

Die Internationalität von Unternehmerfamilien nimmt deutlich zu und ist sicherlich eine interessante Bereicherung in persönlicher Hinsicht. Die hieraus resultierenden steuerrechtlichen Konsequenzen sollten aber keineswegs unterschätzt werden und bedürfen einer qualifizierten Beratung. Dies gilt auch hinsichtlich der in diesem Beitrag nicht behandelten erbrechtlichen und familienrechtlichen Konsequenzen von Wohnsitzverlagerungen.