Vergütung von Beiräten und Aufsichtsräten in Familienunternehmen in der Praxis

Auf der Basis einer Umfrage der PETER MAY Board Services. Die Anforderungen an die Gremienmitglieder steigen zusehends – die Honorierung hinkt hinterher

Vergütung von Beiräten und Aufsichtsräten in Familienunternehmen in der Praxis

Von Gerold Rieder und Sabine Strick

 

Eine der meistgestellten Fragen bei unserer täglichen Arbeit in der Besetzung von Beiräten und Aufsichtsräten gilt der Vergütung. „Was ist denn so üblich im Markt, was bekommt ein Beiratsmitglied?“ fragen uns sehr viele unserer Mandanten.

Nach über 100 Besetzungen allein in den letzten drei Jahren haben wir bei PETER MAY einen recht guten Einblick in die Führungs- und Kontrollsysteme von Familienunternehmen, in die Strukturen und Arbeitsweisen ihrer Beiräte und Aufsichtsräte und insbesondere auch in die aktuell praktizierte Vergütungslogik in diesen Gremien. Im Mai/Juni 2025 haben wir zusätzlich einen breiteren Blick in die Unternehmenslandschaft geworfen und 121 Familienunternehmen nach der aktuellen Vergütung ihrer Gremien gefragt – in der Mehrheit produzierende Unternehmen mit Umsätzen zwischen 100 Mio. € und 1 Mrd. €. und Mitarbeiterzahlen zwischen 500 und 5.000 Mitarbeitenden. Unternehmen, deren Beiräte und Aufsichtsräte mehrheitlich neben beratenden auch entscheidend-kontrollierende Aufgaben wahrnehmen.

Eines der klaren Ergebnisse der Umfrage ist die extreme Spreizung der Vergütungshöhen, von unter 12.000 Euro im Jahr bis über 100.000 Euro im Jahr. Es bestätigt unseren Marktblick, der seit Jahren eine große Heterogenität bei der Vergütung beobachtet. Ein für uns aber besonders auffälliges Ergebnis ist die Tatsache, dass über 40% der Unternehmen ihren Beiratsmitgliedern immer noch unter 20.000 € im Jahr bezahlen, bei gleichzeitig gestiegenen Erwartungshaltungen an deren persönlichen und zeitlichen Einsatz.

Im Folgenden nun die Umfrageergebnisse und unsere Schlussfolgerungen im Einzelnen:

 

Rahmendaten zur Einordnung der beobachteten Vergütungszahlen und Learnings

 

Professionelle Gremien mit Entscheidungskompetenz

Bekannt ist, dass sich die Gremien hinsichtlich ihrer Aufgaben deutlich unterscheiden – von rein beratenden Sparringspartnern bis hin zu entscheidenden, voll-kontrollierenden Aufsichtsräten.

Umfrageergebnis: Drei Viertel der von uns befragten Unternehmen haben ihr Gremium mit echten Entscheidungs- und Kontrollrechten ausgestattet. Nur ein Viertel der Unternehmen haben einen rein beratenden Beirat/Aufsichtsrat.

  • Unsere Empfehlung vonseiten der PETER MAY Board Services 
    Besonders bei wachsenden Gesellschafterkreisen und damit zunehmender Anteilszersplitterung braucht es stabile Entscheidungsstrukturen, damit eine Unternehmerfamilie trotz Vielstimmigkeit handlungsfähig bleibt. Entscheidend-kontrollierende Beiräte/Aufsichtsräte sind ein gutes Mittel, um als Unternehmerfamilie – auch bei divergierenden Meinungen – handlungs- und entscheidungsfähig zu bleiben. Welche Rechte dem Gremium konkret zukommen sollten, hängt wesentlich von der Inhaberfamilie ab (Größe, aktuelle und zukünftige Führungsrollen von Familienmitgliedern etc.). Im Rahmen einer Inhaberstrategie sollten die wesentlichen Fragen geklärt werden, wie im Übrigen auch die Zusammensetzung der Gremien aus familienextern und -intern und vieles mehr. Wenn Beiräte/Aufsichtsräte erstmalig eingerichtet werden, schrecken einige Familien davor zurück, „Fremde“ mit der Kontrolle des eigenen Unternehmens zu betrauen. Es gibt diverse Möglichkeiten, Gremien so zu gestalten, dass Vertrauen Schritt für Schritt aufgebaut werden kann und die Kontrolle der Inhaberfamilie weiterhin gesichert bleibt bei gleichzeitiger Nutzung der Expertise externer Beiräte. 

Sitzungshäufigkeit bzw. Zeiteinsatz

Umfrageergebnis: Die meisten Beiratsgremien tagen 4x im Jahr (52%), 13% häufiger. 25% tagen 3x jährlich. Die Dauer der Sitzungen beträgt mehrheitlich (53% der befragten Unternehmen) zwischen 6 Stunden und 1 Tag. 38% tagen kürzer. Bei 8% dauern die Meetings von 1,5 bis zu 2 Tagen pro Treffen.

Neben ihren Beiratstreffen halten 61% der Befragten regelmäßig zusätzlich Videomeetings ab, 11% spontan bei Bedarf.

  • Unsere Empfehlung 
    Beiratsarbeit sollte mehr sein als ein reines Abarbeiten von Berichten und Zahlen aus der Vergangenheit. Gefragt sind heute Beiräte, die Beiträge zur strategischen Ausrichtung leisten, die mitdiskutieren über Geschäftsmodelle und neue Märkte, und die sich mit den nicht optimal laufenden Themen auseinandersetzen. Dies erfordert nicht nur eine andere zukunftsorientierte Agenda, sondern in der Regel auch etwas längere Sitzungen als ein paar Stunden. Wie einer unserer Kunden erst sagte: „Wenn ich das geballte Know-how schon am Tisch habe, dann nutze ich es auch so intensiv wie möglich.“

Onlinemeetings zwischen den Sitzungen helfen, im Thema zu bleiben und das Momentum zu halten, bei überschaubarem zusätzlichem Zeitaufwand. Wir empfehlen, diese aktiv für eine effektive und effiziente Beiratsarbeit zu nutzen.

Aufwand des Beirats-/Aufsichtsratsvorsitzenden

Umfrageergebnis: 62% schätzen den Aufwand des Vorsitzenden höher oder sogar wesentlich höher ein als den Aufwand normaler Mitglieder. 38% schätzen den Aufwand für den Beiratsvorsitzenden nicht wesentlich höher im Vergleich zu einem normalen Beiratsmitglied.

  • Unsere Empfehlung 
    Nach unserer Erfahrung ist der Aufwand des Beiratsvorsitzenden wesentlich höher. Das spiegeln uns auch die meisten Beiratsvorsitzenden aus größeren Familienunternehmen. Dem Vorsitzenden obliegt in aller Regel nicht nur die Aufgabe der Sitzungseinladung und des Protokolls, sondern auch einige sehr erfolgsentscheidende Aufgaben. Allen voran das Setzen und Priorisieren der richtigen (!) Themen. Aber auch neben der Moderation der Sitzungen der ständige Austausch mit der Unternehmensführung, die Brückenfunktion zwischen der Unternehmensführung und den Gesellschaftern, das Austarieren gemischter Geschäftsführungsteams aus Familie und externen, und vieles mehr. Siehe dazu den Beitrag von Gerold Rieder unter: Die besondere Rolle des Beiratsvorsitzenden – PETER MAY The Family Business People. Damit muss aus unserer Sicht auch der Zeitaufwand des Vorsitzenden deutlich höher sein als der des normalen Mitglieds – zumindest bei entscheidend-kontrollierenden Gremien.
 
Erkenntnisse zur Vergütung und Learnings

Umfrageergebnis: Insgesamt bezahlen mehr als 40% der befragten Unternehmen ihren Gremienmitgliedern weniger als 20 TEUR im Jahr!
Konkret im Einzelnen: Knapp ein Viertel der Beiräte wird mit weniger als 12 TEUR p.a. entlohnt. 18% der Beiräte erhalten eine jährliche Vergütung von 12 bis 19 TEUR.
Ein Drittel der Beiratsmitglieder erhält eine Vergütung in Höhe von 20 bis 30 TEUR p.a.
15% erhalten 31 bis 50 TEUR p.a. 7% erhalten zwischen 50 und 100 TEUR p.a. Lediglich 2 Befragte gaben an, ihren Beiräten eine Entlohnung der Beiratstätigkeit in Höhe von mehr als 100 TEUR zu zahlen.

  • Unsere Empfehlung 
    Viele der teils auffällig niedrigen beobachteten Vergütungszahlen rühren aus der Vergangenheit. Wir sehen in der Praxis häufig Vergütungsstrukturen, die in den letzten 15 Jahren nicht angepasst wurden. Klar ist, dass bei einer Unternehmensgröße von über 100 Mio. Euro mit meist auch entscheidend-kontrollierenden Gremien, erhöhtem Zeitaufwand nicht zuletzt durch neuerdings regelmäßige zusätzliche Videomeetings etc. auch die Honorierung angepasst werden sollte. Unternehmer hören das vielleicht nicht gern, werden sich bei weiterhin geringfügiger Entlohnung in Zukunft aber nicht leicht tun, erfahren-kompetente Beiratsmitglieder zu finden. Konkret: 2.000 bis 3.000 EUR pro eingesetztem Tag einer erfahrenen Führungspersönlichkeit in einem entscheidenden Gremium eines mittelgroßen bis größeren Familienunternehmens sollte eine Mindestrichtgröße für ein einfaches Beiratsmitglied sein – gerechnet auf Basis des wirklichen Zeiteinsatzes einschließlich Vor- und Nachbereitung etc. Bei vier Sitzungstagen im Jahr plus regelmäßigen Video-Jour-Fixes mit Vor- und Nachbereitung kommen hier schnell mindestens 10 Tage zusammen. Wir sehen einige Familienunternehmen, die wesentlich über dieser Mindestrichtgröße vergüten, vor allem dann, wenn es darum geht, die besten verfügbaren Köpfe für eine Aufgabe zu gewinnen.

Vergütung des Vorsitzenden

Umfrageergebnis: Etwa dreiviertel der Befragten vergüten ihre Vorsitzenden deutlich höher als einfache Mitglieder.
Knapp 40% der Beiratsvorsitzenden erhalten eine Vergütung in Höhe des 1,5-fachen Mitglieds, etwa ein Viertel erhält das 2fache. Bei etwa einem Viertel unterscheidet sich die Vergütung nicht von ihren Beiratskollegen.

  • Unsere Empfehlung 
    Unsere Empfehlung geht in die gleiche Richtung: Wenn die Vorsitzenden deutlich mehr Aufgaben übernehmen als normale Mitglieder und damit auch mehr Zeit aufwenden, müssen sie dafür auch zusätzlich entlohnt werden. Das 1,5fache eines normalen Mitglieds ist sicher eine gute Richtgröße.

Vergütung von Familienmitgliedern

Umfrageergebnis: 85% der befragten Unternehmen entlohnen Gesellschafter bzw. Familienmitglieder im Beirat und externe Mitglieder gleich. Entsprechend wenige zahlen Gesellschaftern bzw. Familienmitgliedern weniger oder mehr.

  • Unsere Empfehlung 
    Auch wir empfehlen, Gesellschafter bzw. Familienmitglieder gleich zu entlohnen. Auch wenn die Expertise/Qualifikation zwischen externen Beiräten und Familienmitgliedern in manchen Fällen sehr unterschiedlich sein mag, leisten beide gleichermaßen wertvolle Beiratsarbeit und sollten gleich entlohnt werden. Lediglich bei Gastmitgliedschaften, wie sie häufig Next Gens angeboten werden, sieht das anders aus.

 

Weitere Ergebnisse im Rahmen der Vergütung

Fahrtkosten und Spesen werden in der Regel gesondert vergütet.

Die Arbeit in Ausschüssen für Personal, Finanzen o.a. wird der Umfrage zufolge weitgehend nicht zusätzlich honoriert – was wir allerdings pauschal nicht unterschreiben würden. Denn auch hier gilt: wer für Zusatzaufgaben deutlich mehr Zeit investiert, sollte dafür auch gesondert vergütet werden.

Viel gesprochen wird über ergebnisabhängige, variable Vergütungen von Beiräten – praktiziert werden solche Modelle bis heute so gut wie nicht. In unserer Umfrage gaben nur 7% der Befragten an, ganz variabel bzw. mit variablen Zusatzkomponenten zu vergüten. In der Regel werden fixe Jahreshonorare und/oder Sitzungsgelder bezahlt.

 

Fazit

Die  Umfrage liefert ein gutes Bild der aktuellen Vergütungslogik in Familienunternehmen, die sich teils erheblich von anderen Unternehmen (börsennotiert, Start-ups, PE-kontrolliert etc. ) unterscheidet.

Auffällig ist, dass die Spreizung der Honorierungen bei vergleichbaren Konstellationen sehr breit ist. Besonders auffällig  ist zudem, dass ungeahnt viele, durchaus bereits größere Familienunternehmen ihre Beiratsmitglieder noch sehr gering entlohnen – bei gleichzeitig deutlich gestiegenen und weiterhin steigenden Erwartungen an den Einsatz der Beiräte, persönlich und zeitlich.

Beiratsarbeit wird allseits professioneller, zum Wohle der Familienunternehmen und ihrer Inhaber. Durch die Unterstützung von Vermittlern mit belastbaren Netzwerken in der Unternehmer- und Geschäftsführerlandschaft ist es auch deutlich einfacher geworden, wirklich erfahrene wertvolle Beiratsmitglieder zu finden – wir selbst als Beiratsvermittler jedenfalls leisten einen erheblichen Beitrag dazu.

Die Vergütungspraxis hinkt diesen Entwicklungen noch weit hinterher. Wer nicht bereit ist, seine Beiratsmitglieder adäquat dafür zu entlohnen, was von ihnen erwartet wird, wird sich in der Zukunft schwer tun, wirklich wertschaffende Beiräte für sich zu gewinnen.

Insgesamt gilt aber auch: ein Generalrezept zur Vergütung der Gremien gibt es nicht. Am Ende wird man sich immer die individuelle Konstellation des Unternehmens und der Inhaberfamilie ansehen, den damit einhergehenden Komplexitätsgrad, die individuellen Erwartungen an das Gremium und seine Mitglieder etc. „One size fits all“ gibt es hier nicht und wird es auch in Zukunft nicht geben. Beiratsprofis wie – mit Verlaub – wir selbst von PETER MAY können im Einzelfall aber gut beurteilen, welche Vergütung adäquat sein sollte.

 

Die Autoren:

Gerold Rieder (G.RIEDER@PETERMAY-FBA.COM) ist Geschäftsführer der PETER MAY Family Business Academy & Board Services GmbH & Co. KG. Bereits Ende der 90er Jahre begann er, zusammen mit Peter May für Inhaberfamilien zu arbeiten. Seine Kompetenz und Leidenschaft liegt in der Professionalisierung und Besetzung von Beiräten, Aufsichtsräten und Verwaltungsräten auf der Basis seines über die Zeit gewachsenen und permanent gepflegten persönlichen Netzwerkes von Unternehmer:innen und Geschäftsführer:innen, deren Bereitschaft für Beiratsaufgaben ihm bekannt sind.

.

Sabine Strick (S.STRICK@PETERMAY-FBA.COM) ist Prokuristin der PETER MAY Family Business Academy & Board Services GmbH & Co. KG. Mit ihrem eigenen gewachsenen und ebenso gepflegten Netzwerk, und einem besonderen Gespür für die ganz aktuellen Erfordernisse in den Beiräten und Aufsichtsräten von Familienunternehmen, sorgt sie zusammen mit Gerold Rieder für die ständige Aktualität und Diversität unseres Beiratsnetzwerkes. Auch Sabine Strick ist seit vielen Jahren in der Beratung von Familienunternehmen zuhause.

.