Unternehmen brauchen eine gute Governance, also Grundsätze für eine gute Unternehmensführung, um langfristig erfolgreich sein zu können.

Für börsennotierte Unternehmen gibt das Aktiengesetz Vorschriften zur Leitung und Überwachung vor, darüberhinausgehende Empfehlungen zu guter und verantwortungsvoller Unternehmensführung fasst der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) zusammen. Er wurde von der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex erarbeitet, die ihn 2002 erstmals veröffentlichte und seit dem jährlich überprüft.

Mit dem Fokus auf börsennotierte Unternehmen wird der DCGK nicht-kapitalmarktorientierten Familienunternehmen allerdings nicht gerecht, da er eine relativ hohe Homogenität der angesprochenen Unternehmen voraussetzt. Familienunternehmen zeichnen sich aber durch eine große Vielfalt von Rechtsformen, Größenordnungen, Unternehmens-, Inhaber- und Führungsstrukturen aus. Aus dieser Vielfalt ergeben sich besondere Herausforderungen, die auch in Bezug auf die Formulierung von Standards für die gute Unternehmensführung beachtet werden müssen.

 

Der Governance Kodex für Familienunternehmen

Diese Lücke füllt der im Jahr 2004 erstmals veröffentlichte Governance Kodex für Familienunternehmen. Er ist aufgrund der Diversität der Unternehmen und Inhaberfamilien, die er anspricht, kein allgemeingültiges Regelwerk, sondern in Form eines Pflichtenheftes formuliert, dass die Themenbereiche vorgibt, zu denen jede Inhaberfamilie ihre Führungs-, Kontroll- und Familienstrukturen individuell überprüfen, anpassen und weiterentwickeln kann.

Die vierte, im Mai 2021 veröffentlichte Auflage des Governance Kodex umfasst folgende Themengebiete:

1. Selbstverständnis der Inhaberinnen und Inhaber
Klares Bekenntnis zu einem verantwortungsvollen Umgang mit der Inhaberrolle und zur Notwendigkeit der Etablierung geeigneter Governance-Strukturen.

2. Ausgestaltung der Inhaberrechte und -pflichten
Wenn die Befugnis, Werte und Ziele für das Unternehmen festzulegen sowie letztgültige Entscheidungen zu treffen von den Inhaberinnen und Inhabern auf ein eigenständiges Aufsichts- und/ oder Beratungsgremium delegiert wird, tragen sie die Verantwortung für die Funktionsfähigkeit und Qualität dieses Gremiums.

3. Aufsichts- und Beratungsgremium
Mit zunehmender Unternehmensgröße, Komplexität auf Inhaberseite und Veränderungsgeschwindigkeit wird auch denjenigen Familienunternehmen empfohlen, die dazu nicht von Gesetzes wegen verpflichtet sind, ein eigenständiges, freiwilliges Aufsichts- und/oder Beratungsgremium einzurichten.

4. Unternehmensführung
Die Unternehmensführung leitet das Familienunternehmen im Rahmen ihrer gesetzlichen Verantwortung, der von den Inhaberinnen und Inhabern als Leitplanken vorgegebenen Werte und Ziele sowie der von ihnen geschaffenen Kompetenzordnung (Gesellschaftsverträge, Geschäftsordnung u. a.). Für ihre Aufgaben, Zusammensetzung, Vergütung und Haftung sind Regelungen zu treffen.

5. Ergebnisermittlung und -verwendung
Familienunternehmen müssen der Sicherung ihrer Kapital- und Liquiditätsbasis besondere Aufmerksamkeit widmen, da sie aufgrund ihrer generationsübergreifenden Orientierung auf die von der Inhaberfamilie zur Verfügung gestellten Finanzmittel angewiesen sind. Regelungen die Ergebnisermittlung und -verwendung betreffend müssen dem gerecht werden.

Vom Kodex zur Familienverfassung


6. Übertragbarkeit der Inhaberschaft, Ausscheiden aus dem Inhaberkreis

Es sollen Vorkehrungen getroffen werden, die sicherstellen, dass die Anteile am Unternehmen in der Familie bleiben. Dies führt zu einer systembedingten Einschränkung der freien Übertragbarkeit der Anteile, die im Sinne eines angemessenen Interessenausgleiches zwischen Gruppen- und Individualinteresse austariert werden muss.

7. Besonderheiten bei mittelbarer Inhaberschaft
Wenn die Beteiligung am Unternehmen mittelbar, d.h. über eine oder mehrere Gesellschaften oder Familienstiftungen, gehalten wird, sind für die Ausgestaltung der Governance des Unternehmens zusätzliche Aspekte zu berücksichtigen.

8. Umgang mit nicht im Familienunternehmen gebundenen Vermögen
Auch nicht im Familienunternehmen gebundenes Vermögen kann mittelbar dem Zweck des Familienunternehmens dienen. Es ist daher sinnvoll, die Inhaberstrategie und Governance des Familienunternehmens um Aussagen zum Umgang mit dem nicht im Familienunternehmen gebundenen Vermögen der Inhaberfamilie zu ergänzen.

9. Family Governance
Wenn ein Unternehmen langfristig in Familieneigentum gehalten werden soll, muss auch die Organisation der Inhaberfamilie professionell und verantwortungsvoll gestaltet sein. Ziel einer guten Family Governance ist das Zusammengehörigkeitsgefühl der Mitglieder der Inhaberfamilie, die Identifikation mit dem Unternehmen, die Vermeidung von Konflikten und der professionelle Umgang mit der unternehmerischen Verantwortung.

10. Erstellung und Gültigkeit eines eigenen Governance Kodex
Um der Individualität von Unternehmen und Familie gerecht zu werden, sollen die Bestandteile des Kodex gemeinsam von der Familie individuell erarbeitet und in einer Familienverfassung oder einem ähnlichen Dokument verabschiedet werden.

 

Der Governance Kodex für Familienunternehmen ist eine gemeinsame Initiative der INTES Akademie für Familienunternehmen, des Family Business Network
Deutschland (FBN) und von DIE FAMILIENUNTERNEHMER. Er wurde von Prof. Dr. Peter May begründet.

 

DOWNLOAD DER AKTUELLEN AUFLAGE DES GOVERNANCE KODEX

WWW.KODEX-FUER-FAMILIENUNTERNEHMEN.DE