Ein freiwillig installierter Beirat ist in vielen Familienunternehmen ein wichtiges Instrument professioneller Unternehmensführung und eine wertvolle Säule für den unternehmerischen Erfolg. Wann ein Beirat sinnvoll ist, welche Aufgaben er hat und wie er besetzt werden sollte, erfahren Sie in diesem Beitrag.

INHALTSÜBERSICHT

Wann ein Beirat sinnvoll ist
Aufgaben und Kompetenzen
Zusammensetzung des Gremiums
Anforderungen an die Mitglieder
Wie man gute Beiratsmitglieder findet
Der professionelle Beirat

 

Viele Familienunternehmen sind nicht dazu verpflichtet einen Aufsichtsrat als Kontrollorgan einzurichten. Gleichwohl gilt ein Beirat als wichtige Säule einer professionellen Governance im Familienunternehmen. So empfiehlt der Governance Kodex für Familienunternehmen: „Mit wachsender Unternehmensgröße und zunehmender Komplexität auf Inhaberseite wird auch denjenigen Familienunternehmen empfohlen, die dazu nicht von Gesetzes wegen verpflichtet sind, ein eigenständiges, freiwilliges Aufsichtsgremium einzurichten.“ Wir wollen im Folgenden von „Beirat“ sprechen und schließen damit alle freiwilligen Aufsichtsgremien ein.

Das Fehlen gesetzlicher Regelungen bringt die Chance mit sich, den Beirat ganz nach der individuellen Situation, der Entwicklungsphase des Familienunternehmens und den Zielen seiner Inhaber auszugestalten – andererseits aber auch die Herausforderung für die Inhaber, die geeignete Ausgestaltung durch strukturierte Beantwortung der wesentlichen Fragen zu erarbeiten und im weiteren Verlauf der Entwicklung ggf. an neue Gegebenheiten anzupassen.

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Wann ist ein Beirat sinnvoll? Welchen Nutzen soll uns der Beirat bringen?

Ein Beirat kann in unterschiedlichen Situationen und mit verschiedensten Aufgaben großen Nutzen stiften. Entscheidend ist, dass sich die Unternehmerfamilie vergegenwärtigt, welche Aufgaben für den Beirat anstehen können und nach dem Willen der Unternehmerfamilie von ihm übernommen werden sollen. Die Aufgaben für den Beirat wiederum werden maßgeblich davon geprägt, in welcher Phase sich das Unternehmen befindet.

Mithilfe des 3-Dimensionen-Modells von Peter May lässt sich die Landschaft der Familienunternehmen im ersten Schritt in Untergruppen mit vergleichbarer Problemstellung einteilen. Dabei werden unterschiedliche Arten der Inhaber-Struktur (Alleininhaber, Geschwister-Gesellschaft, Vettern-Konsortium und Familien-Dynastie), der Investment-Struktur (junges, fokussiertes oder diversifiziertes Familienunternehmen sowie Family Investment Office) sowie der Governance-Struktur (inhaber-, familiengeführt, familienkontrolliert oder fremdgesteuert) der Eingruppierung zugrundgelegt. Innerhalb dieser jeweiligen Untergruppen gibt es typische, systemimmanente Herausforderungen, die in der Regel alle Familienunternehmen dieser Untergruppe betreffen. Die Unternehmerfamilie kann sich damit als Teil einer solchen Untergruppe einordnen und die speziellen unternehmerischen Herausforderungen identifizieren und bearbeiten. Denn jede Phase des Unternehmens hat ihre typischen Herausforderungen.

Dazu ist in einem ersten Schritt erforderlich, das eigene Unternehmen in das Modell einzuordnen.

Im zweiten Schritt können sodann die typischen Herausforderungen des Unternehmens und der Inhaberfamilie identifiziert werden. Wenn damit der Ausgangspunkt klar ist und auch die Herausforderungen, denen die Inhaberfamilie sich stellen muss, können die Gesellschafter die konkreten Aufgaben des Beirats festgelegen und die Anforderungen an die Beiratsmitglieder bestimmen.

Handelt es sich bei dem Unternehmen etwa um ein Unternehmen, das vom Allein-Inhaber geführt wird, sind hier zum Beispiel die Herausforderungen „Allein-Sein“ und „ungeplanter Ausfall“ sowie „hohes Risiko und fehlende Professionalität“ zu nennen. Trägt sich der Unternehmer nun mit dem Gedanken, einen Beirat zu errichten, sind die Aufgaben des Beirats aufgrund der typischen Herausforderungen schon fast vorgezeichnet. Der Beirat kann als beratendes Gremium dem Unternehmer Feedback in unternehmensstrategischen Themen geben („Allein-Sein“), bei ungeplantem Ausfall des Unternehmers die Aufgabe haben, das Unternehmen für einen bestimmten Zeitraum handlungsfähig zu erhalten und die anfangs mitunter noch fehlende Professionalität durch fundierten Rat ergänzen. Werden die Aufgaben noch weiter konkretisiert, zeichnen sich die Anforderungen an die zu suchenden Beiratsmitglieder deutlich ab.


Die Aufgaben und Kompetenzen eines Beirats

Ein Beirat kann demnach in unterschiedlichster Weise hilfreich sein, je nachdem, in welcher Phase sich das Unternehmen befindet und welchen Herausforderungen sich das Unternehmen stellen muss.


1. Beratung der Geschäftsführer und/oder Gesellschafter

Neben einer beratenden Funktion als Sparringspartner für den alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer kann der Beirat auch in weiteren Phasen als beratender Ansprechpartner zur Verfügung stehen. So kann er zum Beispiel die nicht tätigen Gesellschafter einer Geschwistergesellschaft bei allen Fragen rund um die (neue) Stellung als Familiengesellschafter beratend unterstützen. Er kann den vom Unternehmen weiter entfernten Gesellschaftern eines Vetternkonsortiums bei Fragen zum Wirken der Geschäftsführung und zur wirtschaftlichen Lage des Unternehmens behilflich sein.


2.
Begleitung der Nachfolge
Der Beirat kann in der Nachfolgesituation unterstützen, insbesondere dann, wenn es um die erste Nachfolge, d.h. um den Übergang von der ersten auf die zweite Generation, geht. Hier handelt es sich um die Entwicklung eines Unternehmens von der Allein-Inhaberschaft zur Phase der Geschwister-Gesellschaft (Beispiel 2) mit den für diese Phase typischen Herausforderungen von Geschwisterrivalitäten und etwaiger fehlender Kompetenz von jungen Gesellschaftern. Gibt es mehrere Nachfolgekandidaten aus der Familie, kann der Beirat auch bei der Auswahl beraten oder diese sogar entscheiden. Hier kann der Beirat für die benötigte Objektivität der Entscheidung für eines (oder keines) von mehreren Geschwistern sorgen. Trifft der Unternehmer-Vater die Entscheidung für einen Nachfolger – selbst wenn er dabei sogar die nötige Objektivität aufbringt –, ist es für Kinder oft schwer zu akzeptieren, dass eines der Geschwister vorgezogen wurde, auch wenn es nur zum Wohle des Unternehmens (und des Kindes) geschieht.

Den ausgewählten Nachfolger kann der Beirat in der Übergabephase begleiten, einzelne Beiratsmitglieder können auch als Mentoren fungieren. Gibt es keinen Nachfolgekandidaten aus der Familie, kann der Beirat bei der Implementierung der Fremd-Geschäftsführung helfen. Das kann so weit gehen, dass der Beirat bei ungeplantem plötzlichen Ausfall des Unternehmers zumindest für einen Übergangszeitraum für den Fortgang des Unternehmens sorgt.


3.
Kontrolle der Geschäftsführung
Mit fortschreitender Entwicklung des Unternehmens vom Allein-Inhaber in Richtung Vetternkonsortium und Familiendynastie erhält der Beirat zunehmend Entscheidungskompetenzen. Dies macht Sinn vor dem Hintergrund der typischen Herausforderungen dieser Phasen wie etwa der wachsenden Gesellschafterzahl mit ihrem schleichenden Identitätsverlust aufgrund abnehmender Nähe zum Unternehmen. Häufig ist der Beirat dann für die Kontrolle der Geschäftsführung zuständig. Er hat zum Beispiel anstelle der Gesellschafterversammlung die Aufgabe der Verabschiedung der Jahresplanung und kontrolliert die Geschäftsführung durch das Erfordernis seiner Zustimmung zu wichtigen Geschäften des Unternehmens. Einige Unternehmerfamilien übertragen ihrem Beirat in diesen Phasen zudem die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführung.


4. V
ermittlung zwischen den Beteiligten
Wenn ein Unternehmen die Phase des Allein-Inhabers verlässt, partizipieren nun Personen mit unterschiedlichen Rollen am Unternehmen. Dies beginnt bereits bei der Geschwistergesellschaft. Hier liegen die Herausforderungen auch im Handling der unterschiedlichen Rollen und divergierenden Interessen. Daher hat der Beirat in diesen Phasen häufig zusätzlich eine Vermittler-Rolle. Wenn es zwischen den Gesellschaftern der Geschwistergesellschaft untereinander „knirscht“, wenn sich ganze Gesellschafterstämme bei der Familiendynastie kritisch auseinandersetzen, kann der Beirat als neutraler Dritter und mithilfe seiner Kenntnis des Unternehmens schlichtend eingreifen und verhindern, dass ein Streit das Unternehmen ernsthaft gefährdet. Dabei ist es besonders wichtig, dass der Beirat hierfür das Vertrauen möglichst vieler Gesellschafter hinter sich vereint.

Ebenso kann der Beirat bei Unstimmigkeiten zwischen den Gesellschaftern und der Geschäftsführung vermittelnd agieren, zumal er ohnehin häufig erste Anlaufstelle für Gesellschafter bei Fragen der Geschäftsführung ist. Dies gilt umso mehr, je größer der Gesellschafterkreis ist. Flankierend kann der Beirat insbesondere die nicht im Unternehmen tätigen Gesellschafter dabei unterstützen, mehr Wissen und Erfahrung über die Strategie des Unternehmens, die zukünftigen Herausforderungen sowie die Entscheidungsabläufe zwischen Geschäftsführung und Kontrollorgan zu erlangen.


Die Zusammensetzung des Beirats

1. Familienbeiräte oder externe Mitglieder
Auch diese Frage ist in Abhängigkeit von der Phase des Unternehmens und den Aufgaben des Beirats zu beantworten. Ein beratender Beirat ist zumeist mit externen Beiratsmitgliedern besetzt, um entsprechendes Know-how von außen zu erlangen. Bei der Begleitung der Nachfolge in der Phase des Übergangs von der Allein-Inhaberschaft zur Geschwistergesellschaft durch den Beirat machen familienunabhängige Beiratsmitglieder ebenfalls Sinn.

Ist der Beirat mit Kontrollaufgaben betraut, finden wir in der Praxis bei einer familieninternen Geschäftsführung häufig einen mit (überwiegend) externen Mitgliedern besetzten Beirat. Nicht nur das Know-how von „außerhalb“ spielt hierbei eine Rolle, sondern auch die größere Objektivität familienfremder Beiräte bei der Beurteilung von Familienmitgliedern in der Geschäftsführung. Bei einer externen Geschäftsführung ist der Beirat häufig mehrheitlich mit Gesellschaftern besetzt. Motiv ist meist, dass die Familie durch die Familienmitglieder Einfluss auf die externe Führung ausüben will, gleichzeitig aber nicht alle Gesellschafter involviert werden, sondern nur die (für die Beiratsaufgaben) besonders geeigneten Familiengesellschafter. Für den Beiratsvorsitz gilt als Faustregel: Solange die Familie in der Führung ist, sollte der Vorsitz bei einem externen Beiratsmitglied liegen und umgekehrt.


2.
Wahl oder Entsenderecht
Es stellt sich dann die Frage, ob die Beiratsmitglieder gewählt werden oder entsendet werden können. Bei der Wahl wird das ausgesuchte Beiratsmitglied durch Beschluss der Gesellschafterversammlung mit der im Gesellschaftsvertrag dafür vorgesehenen Mehrheit angenommen. Beim Entsenderecht hat ein Gesellschafter oder eine Gesellschaftergruppe das Recht, ein Beiratsmitglied für den Beirat zu bestimmen, unabhängig vom Votum der anderen Gesellschafter. Angesichts der oftmals umfangreichen Aufgaben des Beirats, insbesondere bei Vermittlungsund Schlichtungsfunktionen, ist eine Wahl durch die Gesellschafter sinnvoll – idealerweise mit einer höheren als der einfachen Mehrheit. Bei einer Wahl mit einem hohen Mehrheitserfordernis haben die Beiräte die Mehrzahl aller Gesellschafterstimmen hinter sich. Sie gelten nicht als Interessenvertreter einzelner Gesellschafter(stämme). Anders wäre dies beim Entsenderecht, bei dem jede Gesellschaftergruppe das Recht hat, „ihr eigenes“ Beiratsmitglied in den Beirat zu senden. Hier findet dann auf Beiratsebene oftmals nur ein „Stellvertreter-Krieg“ statt.


3.
Die Größe des Beirats
Es gibt keine ideale Anzahl an Beiratsmitgliedern, die für alle Unternehmen gilt. In der Praxis findet sich häufig eine Zahl zwischen drei und fünf Beiratsmitgliedern. Ein fünf Mitglieder übersteigender Beirat ist eher selten, ist er doch nicht einfach zu handhaben. Zu bedenken ist, dass alle Beiratsmitglieder Zeit für Sitzungstermine (und natürlich auch für Vor- und Nachbereitung) mitbringen müssen. Die Diskussionsführung ist in kleiner Besetzung schneller. Auch eine eilige informelle Abstimmung über Telefon, E-Mail o.Ä. lässt sich mit einer kleineren Einheit besser bewerkstelligen.

Die Zahl der Beiratsmitglieder steigt dennoch bei einigen Unternehmen auf fünf und mehr Beiräte, zum Beispiel um ein anderes Verhältnis von familieninternen Beiräten zu externen Mitgliedern zu erhalten oder um Pattsituationen zu vermeiden. Dem muss jedoch nicht zwingend mit mehr Beiratsmitgliedern Rechnung getragen werden. Es besteht die Möglichkeit, zum Beispiel den Familienbeiräten eine doppelte Stimme zu geben, wenn diese von ihrer Anzahl her unterrepräsentiert sind (und umgekehrt den externen Mitgliedern). Und auch bei einer geraden Anzahl von Beiratsmitgliedern lassen sich Patt-Situationen vermeiden. So kann zum Beispiel der Beiratsvorsitzende bei Stimmengleichheit ein doppeltes Stimmrecht erhalten.


Anforderungen an gute Beiratsmitglieder

Auch ein professionell konzipierter Beirat mit ordentlich geregelten Rechten und Pflichten ist am Ende nur so gut wie seine Mitglieder. Immer noch allzu viele Unternehmer legen zu wenig Wert auf eine umsichtig geplante, gezielte Auswahl möglicher Persönlichkeiten für das Beiratsgremium. Die Auswahl richtet sich entsprechend oft nach Persönlichkeiten, die man zufällig kennt, als nach den Anforderungen, die sich für einen wirkungsvollen Beirat mit vorher festgelegter Zielsetzung stellen.

Eine professionelle Rekrutierung von Beiratsmitgliedern verlangt zuallererst eine saubere Profilierung der einzelnen Beiratspositionen. Dabei sind persönliche und fachliche Anforderungen festzulegen, die zur Erfüllung der vorab definierten Aufgaben nötig sind. Dies sind zum einen Eigenschaften, Kenntnisse und Fähigkeiten, welche die Inhaber im Sinne ihres Werteverständnisses und ihrer Ziele all ihren Beiräten abverlangen. Andererseits sind dies Spezialkenntnisse, die einzelne Beiratsmitglieder mitbringen sollten, sodass sich in Summe der Kompetenzen ein für das Familienunternehmen wertschaffendes, starkes Gremium formen lässt.


1.
Fachliche Anforderungen
Beiräte in einem Familienunternehmen sollten die Wirkungsweisen und Zusammenhänge in einem Eigentümerunternehmen kennen. Sie sollten wissen, wo die Schnittstellen zwischen Unternehmen und Familie liegen, die Chancen und Gefahren dieser Schnittstellen verstehen, das Zusammenwirken von Familiengesellschaftern und familienfremden Geschäftsführern kennen und bei schwelenden Konflikten rechtzeitig als Moderatoren agieren können. Ebenso sollten sie die verschiedenen Blickwinkel von Senioren und Junioren sowie von im Unternehmen aktiven und nicht aktiven Gesellschaftern kennen und zwischen den unterschiedlichen Sichtweisen als Übersetzer und Bindeglied wirken können. Für diese Themen gibt es zwischenzeitlich einen großen Fundus an Know-how und Modellen, die an Universitäten und in der praktischen Beratungsarbeit mit Familienunternehmen entstanden sind. Wer diese Kenntnisse noch nicht ausreichend hat bzw. die Systematik zur Einordnung persönlicher Erfahrungen in Familienunternehmen noch braucht, kann sich dies in speziellen Lehrgängen aneignen.

Jedes Beiratsmitglied, gleich ob aus der Familie oder von außerhalb, sollte ein Grundverständnis unternehmerischer Zusammenhänge mitbringen, mit den gängigen betriebswirtschaftlichen Begriffen umgehen können, Strategie- und Finanzierungskonzepte beurteilen und selbstverständlich zumindest im Groben Bilanzen lesen können. Nur dann sind Beiräte in der Lage, strategische Entscheidungen mit zu treffen und zu tragen, wichtige und richtige Fragen zu stellen und der Geschäftsführung als Ratgeber oder Sparringspartner zur Verfügung zu stehen. Auch diese Kenntnisse kann man in einschlägigen Weiterbildungsprogrammen nachholen, wenn man nicht in ausreichendem Maße bereits darüber verfügt.

Zusätzlich zu diesen Grundkenntnissen sind jedoch auch Spezialkenntnisse im Beirat erforderlich, damit er die Geschäftsführung und die Inhaber auf Augenhöhe beraten kann. Oftmals sind es Branchenerfahrungen, die zumindest einzelnen Mitgliedern abverlangt werden, spezielle Finanzkenntnisse, Vertriebsexpertise, technisches Verständnis, IT-Know-how und neuerdings vermehrt Erfahrungen in der Umsetzung digitaler Geschäftsmodelle.

Oftmals wünschen sich Inhaber, auch im Beirat mindestens einen Inhaber-Geschäftsführer zu wissen, der oder die die unternehmerischen Überlegungen und das Chancen-Risiko-Bewusstsein eines Unternehmers aus eigenem Erleben kennt.


2.
Persönliche Anforderungen
Die persönlichen Anforderungen der Inhaber an ihre Beiräte ähneln sich in der Praxis sehr: Integrität, Unabhängigkeit, Offenheit, Ehrlichkeit und das direkte Wort stehen bei den meisten an erster Stelle des Anforderungskatalogs. Gesucht wird nach Persönlichkeiten, die das Format haben, auf Augenhöhe an der richtigen Stelle die richtigen Fragen zu stellen, sich nicht vor kontroversen, aber konstruktiven Auseinandersetzungen scheuen und auch zum Querdenken in der Lage sind. Aber auch hier macht es die Ergänzung im Gremium: Nur Querdenker sind genauso unproduktiv wie ausschließlich kritisch hinterfragende Analysten. Die gute Mischung macht meist den Unterschied.

Grundsätzlich sollten sich Beiräte mit dem Werteverständnis der Inhaberfamilie identifizieren können. Nur dann kann eine Beiratsarbeit zielführend und wertschaffend sein.

Und nicht zuletzt: Im Beirat ist auch ein Stück Idealismus gefragt. Am wertvollsten sind oft diejenigen Beiräte, die eine solche Aufgabe mehr aus eigenem Interesse heraus als des Geldes wegen übernehmen – die ihre langjährigen Erfahrungen gerne weitergeben, neugierig darauf sind, über den Tellerrand in andere  Unternehmen und Branchen zu schauen, durch eine solche Aufgabe selbst dazulernen möchten und damit nicht ihren Lebensunterhalt verdienen müssen.


Wie und wo finden wir geeignete Beiratsmitglieder – und wie vergüten wir sie?

Soweit Persönlichkeiten außerhalb des Gesellschafterkreises für das Beiratsgremium gesucht werden, stehen folgende Wege zur Verfügung:

Zum einen sind dies natürlich an erster Stelle die Netzwerke und Verbindungen wie Wirtschaftsclubs und Verbände, über welche die Inhaber selbst verfügen. Wichtig ist hierbei lediglich, wie oben bereits erwähnt, dass sich die Suche auch im eigenen Netzwerk nach vorher definierten Anforderungen und Profilierungen richtet – und nicht umgekehrt. Auf enge Freunde und Wegbegleiter sollte man im Beirat verzichten, da dem Inhaber ihr Rat ohnehin auch außerhalb einer institutionellen Bindung gewiss ist. Und den Senioren sei an der Stelle gesagt: Konfrontieren Sie Ihre Junioren nicht mit Beiratsgremien, in denen ausschließlich Ihre Wegbegleiter und Ihre Altersbandbreite vertreten sind! Um sich richtig freischwimmen zu können in ihrer neuen Führungsaufgabe, brauchen die jungen Nachfolger auch Beiräte, die ausgewogen und unbeeinflusst von früheren Aktivitäten mit den Senioren ihre Aufgabe wahrnehmen!

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Zum anderen lässt sich die Beiratssuche auch über professionelle Personalberater gestalten, die den Auswahlund Anspracheprozess steuern. Unternehmer, familienunternehmenserfahrene Geschäftsführer und andere herausragende Persönlichkeiten können über spezielle Beiratsnetzwerke gewonnen werden.

Wichtig für den gesamten Rekrutierungsprozess scheint uns: Unternehmer sind es gewohnt, Mitarbeiter und Führungskräfte einzustellen, die sich bewerben. Beiräte bewerben sich nicht – Beiräte müssen gewonnen werden!

Die Vergütung von Beiräten richtet sich in der Praxis nach der Unternehmensgröße, den Aufgaben und Kompetenzen des Beirats sowie der Sitzungshäufigkeit. Im Durchschnitt vergüten Familienunternehmen ihre Beiräte mit 15.000 € im Jahr, wobei die Bandbreite von 5.000 € p.a. bis über 50.000 € p.a. reicht. Der Vorsitzende erhält erfahrungsgemäß das 1,5- bis 2-fache Honorar einfacher Beiratsmitglieder.6 Entsprechend zunehmender Professionalisierung von Beiratsgremien und der Steigerung ihres Wertbeitrages beobachten wir eine deutliche Tendenz steigender Beiratsvergütungen.


Die professionelle Arbeitsweise eines Beirats

Um eine wirkungsvolle Beiratsarbeit über das Jahr hinweg zu gewährleisten, haben sich folgende Grundregeln bewährt:

1. Die Rolle des Vorsitzenden
Beim Vorsitzenden liegen die Vorbereitung, die Leitung und die Nachbereitung der Sitzungen. Er ist hauptverantwortlich dafür, dass der Beirat die Ergebnisse bringt, die von ihm erwartet werden. Oftmals ist er der direkte Hauptansprechpartner der Inhaber und Geschäftsführer und das persönliche Bindeglied zwischen den verschiedenen Rollenträgern in Familie und Unternehmen. Er ist verantwortlich für die Sitzungsagenda, deren Abarbeitung und den Informationsfluss zwischen Beirat, Geschäftsführung und Gesellschaftern.


2.
Beginn und Zusammenarbeit im Beirat
Bei den ersten Beiratstreffen legen die Beiratsmitglieder an erster Stelle die Kernthemen der meist drei oder vier Sitzungen im Jahr fest. Sodann formulieren sie ihre Anforderungen an das Berichtswesen. Neben Finanzkennzahlen sollten auch die Non-Financials festgelegt werden, über die der Beirat regelmäßig informiert werden sollte und die er in den Sitzungen diskutieren möchte. Non-Financials könnten beispielsweise Kennzahlen zur Bewertung strategischer Optionen, Kennzahlen im Bereich Markt/Kunde, im Bereich Prozesse oder im Bereich Human Resources sein. Darüber hinaus sollten im Kreis der Beiräte Kommunikations- und andere Spielregeln festgelegt werden, die den Umgang und die Arbeitsweise untereinander und mit der Geschäftsführung regeln. Schließlich muss darüber gesprochen werden, wie der Informationsfluss zwischen allen Beteiligten, vor allem auch gegenüber den Gesellschaftern, gestaltet werden soll. Nach dieser internen Abstimmung informieren die Beiräte bzw. deren Vorsitzender die Geschäftsführung klar über ihre Anforderungen. Sie stimmen mit der Geschäftsführung ab, wie sie die Sitzungen gestalten wollen, ob und wie ggf. zu Spezialthemen auch andere Führungskräfte in einzelne Beiratssitzungen geladen werden. Und sie einigen sich mit der Geschäftsführung auf einen Arbeitsmodus für die Sitzungen.

Bei vielen Beiräten treffen sich die Beiratsmitglieder regelmäßig vor der eigentlichen Beiratssitzung ohne Geschäftsführung. Hier besprechen sich die Mitglieder im engsten Kreis zu den Themen der anschließenden Sitzung und sonstigen Fragen oder Inhalten im Zusammenhang mit ihren Aufgaben.


3.
Evaluierung
Über das Thema Evaluierung der Beiratsarbeit wird viel geschrieben, in der Praxis jedoch wenig gemacht. Freilich kann man Personalberater oder andere Experten beauftragen, um die Beiratsarbeit nach detaillierten Kriterien unter die Lupe zu nehmen und auszuwerten. Wir würden mindestens und an allererster Stelle empfehlen, was wir alle auch aus der täglichen Führungspraxis kennen: Diskutieren Sie einmal oder zweimal im Jahr im engen Kreis der Beiräte offen und konstruktiv, wie Sie selbst Ihre Arbeit und Wirkungsweise bewerten. Laden Sie vor allem aber die Geschäftsführung dazu ein, ihre Beiratsarbeit zu bewerten. Von ihr werden Sie erfahren, ob ihr Wirken als Beirat fruchtbar war, ihre Fragen und Anregungen wegweisend sind und die Zusammenarbeit zielführend ist. Dafür brauchen Sie in der Regel keine Berater.

 

Fazit

Der Beirat kann für ein Familienunternehmen sehr hilfreich sein, um seinen individuellen Herausforderungen begegnen zu können. Unternehmer schätzen Beiräte demnach als wertvolle Sparringspartner, ausgleichende Vermittler und/oder unabhängige Kontrollorgane. Nicht umsonst ist in den letzten Jahren eine stetige Zunahme von Unternehmen zu verzeichnen, die ein solches Gremium eingerichtet haben. Die Inhaber müssen sich darüber klar werden, was sie von ihrem Beirat erwarten. Hierbei kann das 3-Dimensionen-Modell nützlich sein, mit dessen Hilfe sich die eigenen Problemstellungen besser erkennen lassen. Sind die Herausforderungen ersichtlich, können auch die Aufgaben für den Beirat festgelegt werden. Und wenn deutlich ist, welche Aufgaben der Beirat übernehmen soll, können die Inhaber Regeln für das Gremium definieren und die Anforderungen für ihre Beiratsmitglieder festlegen. Mit der dann erforderlichen professionellen Auswahl und Besetzung der Beiratsmandate sind bereits die Grundsteine für eine erfolgreiche Beiratstätigkeit gelegt.

 

Dieser Beitrag von Dr. Karin Ebel und Gerold Rieder wurde veröffentlicht in: Governance im Familienunternehmen, herausgegeben von Peter May und Peter Bartels | 2017 | Bundesanzeiger Verlag.